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Sympathie für Brexit-Hardliner
Trump: Johnson wäre ausgezeichneter neuer britischer Premier

Boris Johnson
«Ich weiß nicht, ob er gewählt werden wird, aber ich denke, er ist ein sehr guter Kerl, ein sehr begabter Mensch.» sagt Trump über Boris Johnson. Foto: Owen Humphreys/PA Wire
In die Personaldebatten anderer Länder mischen sich ausländische Staatsgäste eigentlich nicht ein. Trump kümmert sich nicht um solche Gepflogenheiten - und lässt deutlich erkennen, wen er sehr gerne als neuen Premier im Vereinigten Königreich sehen würde.

London (dpa) - Kurz vor seinem Staatsbesuch in Großbritannien hat US-Präsident Donald Trump seine Sympathien für Brexit-Hardliner Boris Johnson als Nachfolger der scheidenden britischen Premierministerin Theresa May deutlich gemacht. «Ich kenne die verschiedenen Akteure.

Aber ich denke, Boris würde einen sehr guten Job machen. Ich glaube, er würde ausgezeichnet sein», sagte Trump der britischen Boulevardzeitung «Sun». Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton warb in einem anderen Interview noch einmal eindringlich für den Brexit und stellte die Vorteile für beide Seiten heraus.

Der US-Präsident wird mit First Lady Melania am Montag zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Großbritannien erwartet. In dem «Sun»-Interview fügte Trump hinzu, er möge Johnson. «Ich habe ihn immer gemocht. Ich weiß nicht, ob er gewählt werden wird, aber ich denke, er ist ein sehr guter Kerl, ein sehr begabter Mensch.»

Trump hatte der «Sun» bereits bei seinem letzten Besuch im vergangenen Jahr ein Interview gegeben, in dem er May düpierte. Darin warf er der Premierministerin vor, seine Ratschläge bezüglich des EU-Austritts ignoriert zu haben.

May hatte nach einem monatelangen Machtkampf rund um den Brexit vor einigen Tagen ihren Rücktritt angekündigt. Johnson brachte sich umgehend als möglicher Nachfolger in Stellung und drohte mit einem EU-Austritt ohne Abkommen.

In Umfragen galt Johnson zwar als aussichtsreichster Kandidat unter den bislang etwa ein Dutzend Bewerbern für Mays Nachfolge. Doch das könnte sich schnell ändern: Denn eine Richterin entschied in der vergangenen Woche, dass sich der exzentrische Ex-Außenminister wegen angeblicher Brexit-Lügen vor Gericht verantworten muss. Er soll beim Referendum 2016 und bei der Neuwahl 2017 die Briten durch falsche Zahlen in die Irre geführt haben. Bei den Vorwürfen geht es um die Summe, die Großbritannien wöchentlich an die EU zahlt.

Trumps Meinung über Johnson scheint das jedoch nicht zu beeinflussen. Er sagte der «Sun», auch andere Kandidaten hätten ihn um Unterstützung gebeten. Namen wolle er aber nicht nennen.

Der US-Präsident kritisierte erneut auch die Premierministerin: «Ich denke, dass das Vereinigte Königreich der Europäischen Union erlaubt hat, alle Karten in der Hand zu halten. Und es ist sehr schwer, gut zu spielen, wenn eine Seite alle Vorteile hat.» Er habe gegenüber May erwähnt, «dass man sich Munition aufbauen muss».

Zugleich versicherte er Großbritannien seine tiefe Zuneigung: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein US-Präsident Eurem großartigen Land näher war.» Er sei in Großbritannien verliebt.

Bolton sagte der britischen Zeitung «The Telegraph», der Brexit sei sowohl für London als auch für Washington von Vorteil. «Die Präferenz der USA ist, dass Großbritannien den vom Volk gewünschten Kurs folgt und die EU verlässt», sagte er. Trump wolle mit dem neuen britischen Premierminister ein Handelsabkommen abschließen, das für beide Seiten Vorteile bringe und London von den regulatorischen Einschränkungen in Beziehung zur Europäischen Union befreie.

Bolton bezeichnete das Ergebnis des Referendums von 2016 als «Triumph der Demokratie». «Und wenn die Beschäftigung mit dem Brexit endlich gelöst ist, gibt es keine Obergrenze für den Einfluss, den Großbritannien weltweit haben kann.» Bolton fügte hinzu: «Ich denke, es wird uns besonders in der Nato helfen, effektiver zu sein, und das ist ein Plus.» Der Brexit biete Großbritannien die Chance, ein «starkes und unabhängiges Land» zu werden. «Großbritannien ist eine Weltmacht.» Generell sähen die Amerikaner die Beziehung zu den Briten als die wichtigste an, die sie hätten. Beim Referendum hatte eine knappe Mehrheit der Briten (52 Prozent) für den EU-Ausstieg gestimmt.

Geplant sind bei dem Besuch von Trump unter anderem ein Treffen mit May und die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung in Portsmouth zum 75. Jahrestag des D-Day - der Landung der Alliierten in der Normandie im Zweiten Weltkrieg. Trumps Besuch ist hoch umstritten, daher wird mit heftigen Protesten in England gerechnet.

Millionen Briten hatten in einer Petition dagegen protestiert, dass Trumps Visite ein Staatsbesuch mit allem Pomp ist. Dazu gehört auch ein Staatsbankett am Montagabend mit Königin Elizabeth II. Kritiker sehen das als zu hohe Ehre an und fürchten auch, dass sich der US-Präsident im Beisein der Queen danebenbenehmen könnte.

Das neue Mitglied im Königshaus, die frühere US-Schauspielerin Meghan und jetzige Frau von Prinz Harry, wird Berichten zufolge nicht an den offiziellen Terminen teilnehmen. Die einst scharfe Trump-Kritikerin hatte erst vor vier Wochen ihr erstes Kind namens Archie geboren.

Sun-Bericht

Telegraph-Artikel (mit Bezahlschranke)