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Konflikt
UN-Sicherheitsrat will über Krise in Äthiopien beraten

Konflikt in Äthiopien
Menschen demonstrierten gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF). Das Plakat zeigt Abiy Ahmed. Foto: Uncredited/AP/dpa
Die Appelle des UN-Sicherheitsrats an die Konfliktparteien in Äthiopien verhallen ungehört. Heute will das Gremium erneut über die Krise beraten. Die USA rufen Amerikaner zur sofortigen Ausreise auf.

New York/Addis Abeba (dpa) - Der UN-Sicherheitsrat will sich heute erneut mit dem eskalierenden Konflikt in Äthiopien beschäftigen. Das mächtigste UN-Gremium solle um 15.00 Uhr zusammenkommen, hieß es aus diplomatischen Kreisen.

Am Freitag hatten die 15 Ratsmitglieder die Konfliktparteien in einer Erklärung aufgefordert, «einen dauerhaften Waffenstillstand auszuhandeln sowie die Bedingungen für den Beginn eines inklusiven äthiopischen nationalen Dialogs zu schaffen».

Friedliche Proteste

Der Konflikt zwischen der Regierung in Addis Abeba und Rebellen aus der nördlichen Region Tigray erfasst immer mehr Teile des Landes, die Konfliktparteien liefern sich härtere Gefechte. Hunderttausende sind bereits vor der Gewalt geflohen, etwa 400.000 Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. Die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten wünscht sich vor allem eine Rückkehr zum Frieden.

Am Sonntag zogen Hunderttausende bei von der Regierung organisierten Protesten in zahlreichen Städten des Landes friedlich durch die Straßen, um gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) zu protestieren und der Armee ihre Unterstützung zu versichern. Die Regierung hatte vor einigen Tagen den Ausnahmezustand verhängt, der Ministerpräsident Abiy Ahmed eine Reihe von Sondervollmachten gibt. Er forderte die Bevölkerung auf, gegen die Rebellen zu den Waffen zu greifen. Demonstranten riefen Slogans wie «Ich bin Schutzherr meines Landes» und «Die Junta (gemeint ist die TPLF) ist Äthiopiens Feind Nummer 1».

Rebellen auf dem Vormarsch

Der Druck auf Abiy wächst allerdings. Die TPLF steht nach eigenen Angaben weniger als 350 Kilometer vor der Hauptstadt. Am Freitag unterzeichneten neun äthiopische Oppositionsfraktionen in Washington ein Bündnis gegen Abiys Regierung. Man wolle den Ministerpräsidenten durch «Verhandlungen oder mit Gewalt» dazu bringen, eine Übergangsregierung zu bilden, hieß es. «Abiys Zeit läuft ab», sagte Berhane Gebrekristos, ein TPLF-Anführer und ehemaliger äthiopischer Botschafter in den USA (1992-2002). «Wir wollen dieser schrecklichen Situation in Äthiopien ein Ende setzen, die im Alleingang von der Regierung Abiys geschaffen wurde.»

Abiy hatte vor einem Jahr eine Militäroffensive gegen die TPLF begonnen, die bis dahin in der nördlichen Region Tigray an der Macht war. Die TPLF dominierte Äthiopien mit seinen rund 115 Millionen Einwohnern gut 25 Jahre lang, bis Abiy 2018 an die Macht kam und sie verdrängte. Führende Mitglieder der äthiopischen Armee kamen aus Tigray und liefen zur TPLF über, wodurch die Rebellen sehr schnell große Erfolge erzielen konnten. Die gut ausgebildeten Kämpfer der Rebellengruppe sind seit Juli auf dem Vormarsch.

Die von der Regierung organisierten Proteste richteten sich auch gegen die internationale Gemeinschaft. Auf Plakaten war zu lesen: «Wir brauchen keine Einmischung aus dem Ausland».

USA und Kanada ziehen Personal ab

Das kanadische Außenministerium teilte mit, nicht-essenzielles Botschaftspersonal und die Familien von Diplomaten würden aus Äthiopien abgezogen. Das US-Außenministerium hatte bereits am Samstag einen entsprechenden Schritt verkündet.

Die US-Botschaft in Addis Abeba rief amerikanische Staatsbürger am Sonntag erneut zur sofortigen Ausreise auf. «Obwohl derzeit noch Plätze auf kommerziellen Flügen verfügbar sind, können wir nicht vorhersagen, wann die Nachfrage die Kapazität übersteigen wird», hieß es in der Mitteilung. Israels Außenministerium bestätigte, man habe angesichts der angespannten Lage mit der Evakuierung von Familien israelischer Diplomaten in Äthiopien begonnen.

© dpa-infocom, dpa:211108-99-907405/4