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Gefahr durch Bioterroristen
UN: Viren könnten als Terrorwaffe eingesetzt werden

UN-Generalsekretär Guterres
Antonio Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, sieht in der Zukunft eine wachsende Gefahr von Angriffen durch Bioterroristen. Foto: Cyril Zingaro/KEYSTONE/dpa
Wochenlang war der UN-Sicherheitsrat beim Thema Corona-Pandemie «ohrenbetäubend still». Die erste Sitzung des Gremiums dazu sieht Außenminister Maas als «ermutigendes Signal». UN-Chef Guterres warnt vor den Folgen der Corona-Krise für die internationale Sicherheit.

New York (dpa) - UN-Generalsekretär António Guterres sieht eine wachsende Gefahr von Angriffen durch Bioterroristen, die zum Ziel haben könnten, neue Pandemien wie die gegenwärtige auszulöse.

«Die Schwächen und mangelhafte Vorbereitung, die durch diese Pandemie offengelegt wurde, geben Einblicke darin, wie ein bioterroristischer Angriff aussehen könnte - und erhöhen möglicherweise das Risiko dafür», sagte Guterres bei einem virtuellen Treffen des UN-Sicherheitsrats am Donnerstag (Ortszeit) in New York. «Nichtstaatliche Gruppen könnten Zugang zu virulenten Stämmen erhalten, die für Gesellschaften auf der ganzen Welt eine ähnliche Verwüstung bedeuten könnten.»

Die Sorge vor Bioterroristen ist eine von acht Bedrohungen der internationalen Stabilität, die der Generalsekretär wegen der Corona-Krise vor dem mächtigsten UN-Gremium aufzählte. Dazu gehörte auch die generelle Gefahr, dass Terrorgruppen die Zeit der Krise ausnutzen könnten, während Regierungen durch die Bewältigung der Pandemie abgelenkt seien. Zudem registrierten die Vereinten Nationen nach den Worten von Guterres Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Covid-19: «Wir sehen Stigmatisierung, Hassreden sowie Rechtsextremisten und andere Radikale, die versuchen, die Situation auszunutzen.»

Es war das erste Mal, dass der UN-Sicherheitsrat wegen der Corona-Krise zusammenkam. Zuletzt war wegen des offensichtlichen Stillstands im mächtigsten UN-Gremium Kritik aufgekommen. Die Sitzung sei ein «wichtiger Schritt und ermutigendes Signal» gewesen, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas der Mitteilung zufolge. «Wir können diese Krise nur gemeinsam und solidarisch bewältigen. Dafür brauchen wir starke Vereinte Nationen und einen starken Sicherheitsrat.»

Nach der Sitzung einigten sich die Sicherheitsratsmitglieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf eine gemeinsame Mitteilung: Sie drückten ihre Unterstützung für Guterres' Anstrengungen angesichts der Pandemie aus und erinnerten «an die Einheit und Solidarität mit allen Betroffenen».

«Es gab einen starken Ruf nach Einheit unter diesen sehr außergewöhnlichen Umständen», berichtete der belgische UN-Botschafter Marc Pecsteen später. Dabei ging es vor allem um Guterres' Forderung nach einem globalen Waffenstillstand. Diplomaten sagten, dass es entgegen anfänglicher Befürchtungen keine Politisierung der Krise bei dem Treffen gab. Alle diplomatischen Bemühungen in New York leiden momentan unter Spannungen wegen der Sorge Chinas vor Schuldzuweisungen. US-Präsident Donald Trump hatte wiederholt von einem «chinesischen Virus» gesprochen und damit Peking verärgert.

Ein Treffen des 15-köpfigen Sicherheitsrats zur Bedrohung durch das Coronavirus wurde über Wochen verschleppt, weil die ständigen Mitglieder USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich einen eigenen - nun gescheiterten - Gipfel ihrer Staats- und Regierungschefs geplant hatten. Dieser sollte einem Treffen in großer Runde im Rat vorgezogen werden, das die meisten gewählten Mitglieder - darunter Deutschland - forderten. Deutschlands UN-Botschafter Christoph Heusgen kritisierte die bisherige «ohrenbetäubende Stille» des Rates deutlich. Anders als bei der Finanzkrise 2008 kämen «Führung und Macht» international bisher nicht zusammen.

Zudem wird im UN-Sicherheitsrat an zwei konkurrierenden Resolutionen zu Covid-19 gearbeitet. Ein Text wird unter Führung Frankreichs nur unter den fünf Vetomächten verhandelt. Als Antwort darauf begannen die restlichen zehn Mitglieder mit der Arbeit an einer eigenen Resolution. Belgiens Botschafter Pecsteen zufolge könnten sich die beiden Seiten in der kommenden Woche bei diesem Thema annähern.