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LGBTQ
US-Gesetz für gleichgeschlechtliche Ehe auf der Zielgeraden

«Love is Love»
Anhänger der LGBTQ-Bewegung in New York. Foto: G. Ronald Lopez
Dass gleichgeschlechtliche Paare oder Menschen unterschiedlicher Ethnien heiraten dürfen, ist in den USA ein Grundrecht. Doch dass Freiheitsrechte genommen werden, hat das Land bei der Abtreibung erlebt.

Washington. In den USA dürfte das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe bald per Bundesgesetz geschützt sein. Der US-Senat votierte gestern Abend (Ortszeit) mit einer überparteilichen Mehrheit von 61 zu 36 Stimmen für einen entsprechenden Gesetzesentwurf.

Zwar muss das Repräsentantenhaus noch über den Entwurf abstimmen, der auch die Ehe zwischen Menschen verschiedener Ethnien schützt. Die Zustimmung der Kongresskammer gilt aber als sicher, denn dort haben die Demokraten von US-Präsident Joe Biden noch eine knappe Mehrheit. Die Verabschiedung des Gesetzes, dem noch im Sommer keine großen Chancen im Senat eingeräumt worden waren, wäre ein historischer Schritt.

Rechte Mehrheit im Obersten Gericht

Gleichgeschlechtliche Ehen wurden in den USA durch eine Entscheidung des Obersten Gerichts 2015 (bekannt unter dem Namen Obergefell v. Hodges) legalisiert. Es erklärte ein Gesetz aus dem Jahr 1996 für verfassungswidrig, in dem Ehe als ein Bund zwischen einem Mann und einer Frau festgeschrieben wurde.

Allerdings kamen in diesem Jahr Sorgen auf, als die rechte Mehrheit im Obersten Gericht das aus den 70er Jahren stammende Urteil des Supreme Courts zum Recht auf Abtreibungen rückgängig machte. Einer der Richter, der erzkonservative Jurist Clarence Thomas, stellte die Entscheidung zu gleichgeschlechtlichen Ehen in eine Reihe von Urteilen, die das Gericht noch einmal auf den Prüfstand stellen müsse.

Sollte das Gericht wirklich die Entscheidung von 2015 kippen und es keine Bundesgesetzgebung geben, könnten Bundesstaaten sich weigern, die gleichgeschlechtliche Ehe anzuerkennen. Das Bundesgesetz würde zwar keinen US-Bundesstaat zwingen, gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung zu erlauben. Aber es würde die Bundesstaaten zur Anerkennung aller Ehen verpflichten, die andernorts legal geschlossen wurden. Außerdem schützt es bereits bestehende gleichgeschlechtliche Ehen. Das Gleiche gilt für die Ehe zwischen Menschen verschiedener Ethnien.

Biden: «Liebe ist Liebe»

Mit der Abstimmung stünden die Vereinigten Staaten kurz davor, eine grundlegende Wahrheit zu bekräftigen, erklärte US-Präsident Biden. «Liebe ist Liebe, und Amerikaner sollten das Recht haben, die Person zu heiraten, die sie lieben.»

Seit Jahren versuchen Abgeordnete ein Bundesgesetz zu verabschieden, dass das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe festschreibt und damit das Gesetz aus dem Jahr 1996 ein für alle mal verbindlich aufhebt. Bisher sind sie damit immer gescheitert. Bidens Demokraten hatten nun im Sommer einen neuen Anlauf genommen - und der Entwurf passierte auch das Repräsentantenhaus. Da aber im Senat Änderungen im Text vorgenommen wurden, muss der Entwurf nun noch einmal die andere Kongresskammer passieren.

Die Demokraten halten noch bis Jahresende die Mehrheit im Abgeordnetenhaus. In der nächsten Legislaturperiode werden aufgrund der Mandatsgewinne bei den jüngsten Zwischenwahlen die Republikaner knapp die Kontrolle über die Kammer haben. Die Demokraten müssen sich also beeilen, ihnen wichtige Gesetzesvorhaben durchzubringen. Bei der Abstimmung im Senat kamen nun alle Gegenstimmen von Republikanern - gleichzeitig votierten aber auch zwölf Republikaner mit den Demokraten für das Gesetz und brachten so die notwendigen Stimmen.

Rechte Republikaner setzen auf Transfeindlichkeit

Eine Mehrheit der US-Bevölkerung befürwortet Umfragen zufolge das Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe - und auch eine Mehrheit der Anhänger der Republikaner. Eigentlich sollte der Senat schon vor den Kongresswahlen Anfang November über den Gesetzestext abstimmen. Dies wurde aber verschoben. Für die Republikaner galt eine Abstimmung vor den Wahlen als heikel, sie wollten keine Position beziehen.

Viele rechte Republikaner hatten zuletzt besonders auf transfeindliche Äußerungen gesetzt und so auch die Stimmung im Land aufgeheizt.

Für großes Entsetzen sorgten zuletzt tödliche Schüsse in einem bei Schwulen, Lesben und der Trans-Gemeinschaft populären Nachtclub. Bei der Attacke im US-Bundesstaat Colorado wurden vor anderthalb Wochen fünf Menschen getötet. «Ich denke, man kann anhand der Fakten sagen, dass es sehr schwer ist, sich eine Situation vorzustellen, in der das Motiv nicht aus Hass entstanden ist», hatte der Generalstaatsanwalt von Colorado gesagt.

© dpa-infocom, dpa:221130-99-715562/5