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Partnersuche im Pentagon
Von der Leyen rügt Trumps «Kommentare vom Spielfeldrand»

Immer Ärger um zwei Prozent: Im Streit um den deutschen Wehretat lobt US-Verteidigungsminister Jim Mattis die Fortschritte der Deutschen. Nur fraglich, ob sein Chef das auch so sieht.

Berlin (dpa) - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat kurz vor dem Nato-Gipfel im Juli öffentliche Belehrungen und Kritik aus dem Weißen Haus am deutschen Wehretat deutlich zurückgewiesen.

Für Deutschland sei wichtig, die selbstgesteckten Ziele aus eigener Kraft zu erreichen, sagte die CDU-Ministerin bei einem Besuch in Washington. «Und dass wir dazu keine auch kritischen Kommentare von außen brauchen, sondern dass es für uns wichtig ist - für unsere Bundeswehr - die Investitionen zu leisten, die wir leisten wollen.»

Von der Leyen sagte, daraus habe sie keinen Hehl bei ihren Gesprächen in Washington gemacht. «Und das ist - glaube ich - auch verstanden worden. Denn man kann nachvollziehen, dass Kommentare vom Spielfeldrand nicht hilfreich sind für diejenigen, die auf dem Spielfeld stehen.» Man dürfe sich von den Kommentaren aus dem Weißen Haus nicht treiben lassen, nicht zu kurzatmig reagieren «von einem Tweet zum nächsten», sondern dürfe die langen Linien der transatlantischen Partnerschaft nicht vergessen.

Die USA blieben ein unverändert wertvoller Partner. «Diese Freundschaft liegt uns sehr am Herzen», betonte die Ministerin bei einem Treffen mit ihrem US-Kollegen James Mattis. Der General a.D. gilt vielen Europäern als einer der letzten verlässlichen Partner in der US-Regierung. Fast trotzig gelobten die beiden Amtskollegen die transatlantische Freundschaft.

Man habe gemeinsame Werte, für die man kämpfe, sagte von der Leyen. «Es ist gut, Freunde an unserer Seite zu haben wie dich, Jim.»

Auch Mattis gab sich harmonisch. «Die Vereinigten Staaten betrachten das Verhältnis nicht als selbstverständlich», sagte er. Es sei gut, die deutsche demokratische Stimme laut und deutlich auf internationaler Bühne zu hören.

Die CDU-Ministerin besucht die USA unter schwierigen Vorzeichen. Washington und Berlin streiten seit Monaten über die Höhe der Verteidigungsausgaben innerhalb der Nato und die Lastenteilung im Bündnis. US-Präsident Donald Trump wirft insbesondere Deutschland vor, zu wenig in die Verteidigung zu investieren. Der Konflikt könnte beim Nato-Gipfel Mitte Juli in Brüssel erneut aufbrechen.

Von der Leyen warnte indirekt vor einem ähnlichen Eklat wie beim Nato-Gipfel im vergangenen Jahr, wo Trump seine Bündnispartner mit forschen Forderungen nach mehr Geld öffentlich brüskiert hatte. «Für mich ist wichtig, dass wir gemeinsam auch ein Zeichen der Geschlossenheit geben», sagte sie.

Die USA bestehen darauf, dass die Nato-Partner und insbesondere Deutschland wie 2014 vereinbart spätestens 2024 jeweils zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben. Aus deutscher Sicht ist allenfalls eine Annäherung an dieses Ziel gemeint. Auch wenn sich die Bundesregierung noch zu dem Nato-Ziel bekennt, will von der Leyen zumindest bis 2024 nicht so viel ausgeben. Als neue Zielmarke gab sie vor kurzem 1,5-Prozent aus. Das wäre nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums zwar eine Steigerung um 80 Prozent innerhalb eines Jahrzehnts - aber auch eine klare Absage an Trumps Forderungen.

«Die 1,5 Prozent, die wir anstreben, werden anerkannt in Washington, natürlich unterschiedlich bewertet», sagte von der Leyen. Sie sei in den Gesprächen auf Vorbehalte gestoßen, aber es gehe nicht nur um Prozente, sondern um Verantwortung im Bündnis. Deutschland sei der zweitgrößte Truppensteller in der Nato. Man habe das Zwei-Prozent-Ziel aber «weiter fest im Auge».

«Wir begrüßen die Ankündigung, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben bis 2024 um 80 Prozent steigern will», sagte Mattis. Deutschland sei «auf dem richtigen Weg». Mattis würdigte auch das Engagement Deutschlands innerhalb der Nato, etwa beim Einsatz in Afghanistan.

Im Anschluss an das Treffen legten von der Leyen und Mattis einen Kranz am 9/11-Memorial am Pentagon zum islamistischen Terroranschlag am 11. September 2001 nieder. Anschließend besuchte die Ministerin den Nationalfriedhof Arlington und traf sich mit US-Außenminister Mike Pompeo. Am Donnerstag wollte sie Mitglieder des Kongresses treffen und die Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS) besuchen.

Die transatlantischen Beziehungen stecken in der Krise. Zwischen den USA und Europa bestehen derzeit Spannungen im Handel, beim Klimaschutz und mit Blick auf das Atomabkommen mit dem Iran. Trump kritisierte in den vergangenen Tagen auch immer wieder die Asylpolitik von Kanzlerin Angela Merkel - auch um seine eigene, umstrittene Migrationspolitik zu rechtfertigen.

«Hier geht es um Themen, um die wir auch zuhause ringen», betonte von der Leyen in Washington in Anspielung auf den Asylstreit in der Heimat. «Wollen wir die großen Probleme in der Welt gemeinsam mit unserer multilateralen Ordnung angehen, oder soll von nun an gelten «jeder gegen jeden»? Viele schauen jetzt auf Deutschland, für welchen Weg es sich entscheidet.»