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Bußgelder für Klimademonstranten: Kritisiert und aufgehoben

Schüler schwänzen für den Klimaschutz
Demonstranten halten während einer Demonstration von Schülern gegen den Klimawandel Schilder in der Hand. Foto: Sebastian Gollnow/Archiv Foto: dpanitf3
Die Bußgelder gegen vier Klimademonstranten in Mannheim sind wieder vom Tisch. Zuvor hatten sie vor allem für Kritik gesorgt - doch es gab auch Verständnis.
Mannheim.

Mannheim (dpa/lsw) - Die Stadt Mannheim hat die Bußgelder gegen vier Familien aufgehoben, deren Kinder während der Schulzeit an Klimaprotesten teilgenommen hatten. Zuvor gab es Kritik von Seiten der Schüler, Eltern und Lehrer, während die Kultusministerin die Bußgelder verteidigt hatte.

«Die Besonderheit dieser Fälle im Vergleich zum klassischen Schulschwänzen» sei zunächst nicht aufgefallen. So begründet die Stadt Mannheim in einer Mitteilung vom Donnerstag die nachträgliche Aufhebung der Bußgelder. Für die betroffenen Familien heißt das, sie müssen die 88,50 Euro nicht zahlen. Es wäre laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur möglicherweise das erste Mal gewesen, dass Schüler, die für Klimaproteste dem Unterricht fernbleiben, mit Bußgeldern belegt werden. Die Schule hätte andere Maßnahmen als die Bußgelder ergreifen können, heißt es von der Stadt.

Das hatte zuvor schon der Vorsitzende des baden-württembergischen Landeselternbeirates, Carsten Rees gefordert. Schüler könnten beispielsweise nachmittags mit ihren Lehrern zum Thema Klimaschutz arbeiten. «Das wären dann sinnvolle, zukunftsweisende pädagogische Reaktionen statt blödsinniger Reaktionen vom Typ preußischer Staatsbeamter.» Auch Matthias Schneider, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, hält Geldstrafen für überzogen. Man solle genau hinsehen, aus welchen Gründen Schüler der Schule fernbleiben. Die Jugendlichen schwänzten nicht, um sich Freizeit zu gönnen, sondern, um sich für eine sinnvolle Sache einzusetzen.

Rees und Schneider verwiesen auf die bisherige Position der Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Diese hatte in der Vergangenheit zwar wiederholt auf die Schulpflicht verwiesen aber auch Verständnis für das Anliegen der Demonstranten geäußert. «Wir verhängen keine Bußgelder», hatte sie noch vor Kurzem mitgeteilt. Am Donnerstag verteidigte sie hingegen im SWR die Bußgelder in Mannheim: «Wer demonstriert und die Schule regelmäßig verpasst, der muss mit Bußgeldern rechnen.» Sie trage die Entscheidung der Schule mit.

Laut einer Stellungnahme des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom Donnerstagabend hat die Mannheimer Schule fünf Schüler dem Ordnungsamt gemeldet, weil diese zwischen zwei und vier Stunden unentschuldigt dem Unterricht ferngeblieben waren. Nur in vier Fällen war nach Angaben der Stadt ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden. Die Schulleitung weist in dem Schreiben des Regierungspräsidiums auch darauf hin, dass den Bußgeldern unter anderem pädagogische Maßnahmen, Gespräche und schriftliche Mitteilungen vorausgegangen waren. Die Sanktionen hätten sich zudem gegen das das unentschuldigte Fehlen, nicht aber das Engagement der Schüler gerichtet.

Für Fridays for Future Mannheim handelte es sich bei den Bußgeldern um eine politische Maßnahme. «Wir sehen das auf jeden Fall als Versuch, die Fridays-for-Future-Bewegung, beziehungsweise auch den Protest hier in Mannheim, zu unterbinden, mit allen möglichen Mitteln.» Nach Angaben eines Vertreters der Bewegung habe es noch am Donnerstag an der betroffenen Schule Kundgebungen anderer Schüler gegen die Bußgelder gegeben.

Das Argument, man könne auch außerhalb der Schulzeit demonstrieren, ließ er nicht gelten: «Man sieht ja, ganz krass: Wir gehen nicht in die Schule und plötzlich ist das Thema das relevanteste. Es hat die Wahlen dominiert und deswegen finden wir auch, dass es weiterhin richtig ist, das während der Schulzeit zu machen». Die nächste Demonstration sei für Freitag geplant.

Bei den Demonstrationen jeden Freitag setzen sich Schüler für einen konsequenten Klimaschutz ein und lassen dafür auch Unterricht ausfallen. Den Anstoß für die Bewegung hatte die junge Schwedin Greta Thunberg gegeben.

Mitteilung der Stadt Mannheim