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Ende nach mehr als 40 Jahren: Akw Fessenheim geht vom Netz

Kernkraftwerks Fessenheim
Das Kernkraftwerk in Fessenheim. Foto: Jean-François Badias/AP/dpa/Archivbild
Fessenheim - das ist für Atomkraftgegner ein Reizwort. Direkt an der Grenze zu Baden-Württemberg steht Frankreichs ältestes Atomkraftwerk. Jahrelang wurde über Sicherheitsbedenken gestritten. Doch nun sind die Tage des Atommeilers endgültig gezählt.
Fessenheim.

Fessenheim (dpa/lsw) - Das umstrittene elsässische Atomkraftwerk Fessenheim an der Grenze zu Deutschland ist endgültig abgeschaltet worden. Der zweite Druckwasserreaktor des betriebsältesten Atomkraftwerks in Frankreich sei am späten Montagabend vom Stromnetz getrennt worden, teilte der französische Energiekonzern EDF mit. Fessenheim gilt Kritikern seit Jahren als Sicherheitsrisiko - Atomkraftgegner vor allem in Deutschland hatten jahrelang die Abschaltung des Meilers gefordert. Doch das Ende von Fessenheim wird nicht das Ende der Kernenergie in Frankreich bedeuten.

Der erste Reaktorblock des seit Ende 1977 Strom produzierenden Kraftwerks am Rhein, direkt an der Grenze zu Baden-Württemberg, war bereits Ende Februar vom Netz genommen worden. Die Abschaltung des zweiten Blocks hatte am Montagnachmittag einige Stunden eher als geplant begonnen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Ende 2018 versprochen, Fessenheim bis 2020 stillzulegen. Beschäftigte und Anwohner hatten die Abschaltung hingegen immer wieder scharf kritisiert.

In Deutschland wurde die Abschaltung weitgehend begrüßt. «Wir sind erleichtert, dass die Abschaltung des zweiten Reaktors in Fessenheim planmäßig erfolgt ist», erklärte am Dienstag die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer (parteilos). Das Ende von Fessenheim bedeute mehr Sicherheit und mehr Lebensqualität für die Menschen in der Region. Fessenheim liegt nur wenige Kilometer von Freiburg im Breisgau sowie der Schweizer Stadt Basel entfernt.

«Wir haben uns über viele Jahre für eine Stilllegung des Atomkraftwerks Fessenheim eingesetzt», sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im deutschen Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD). Der jahrelange Widerstand auf deutscher Seite habe, auch wenn er einen langem Atem benötigte, Erfolg gehabt.

Die internationale Ärzteorganisation zur Verhütung des Atomkriegs IPPNW gab sich ebenfalls erfreut über das Ende des Atomkraftwerks. «Die Abschaltung des AKW Fessenheim war längst überfällig. Trotz erheblicher Sicherheitsmängel und der mehr als 200 Störfälle überwogen bei den Betreibern offenbar immer wieder kurzfristige wirtschaftliche Interessen gegenüber dem Wohl, der Gesundheit und der Sicherheit der Bevölkerung», erklärte der Co-Vorsitzende Alex Rosen.

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire betonte unterdessen, dass Frankreich auch künftig auf Atomkraft setzen werde. «Ich bin ein Verfechter der Kernenergie», sagte Le Maire am Dienstagmorgen dem Sender BFMTV. Sie ermögliche niedrige CO2-Emissionen und Unabhängigkeit, so Le Maire. Allerdings wäre es unvernünftig, bei der Stromerzeugung weiterhin zu 75 Prozent auf Kernenergie zu setzen. Also wolle man bis 2035 von 75 Prozent auf 50 Prozent gehen, kündigte Le Maire an.

Frankreich gilt immer noch als das «Atomland» Europas. Nach der Stilllegung Fessenheims betreibt EDF nach eigenen Angaben landesweit 56 Reaktoren. Frankreich liegt hinter den USA immer noch auf Platz zwei der größten Produzenten von Atomstrom weltweit. Für Rechtspopulistin Marine Le Pen ist die Abschaltung von Fessenheim eine «Katastrophe». Es handle sich um ein «billiges politisches Manöver» und eine Verletzung der französischen Souveränität.

Das Gebiet um die Gemeinde Fessenheim im südelsässischen Département Haut-Rhin soll nun zu einem grünen und grenzübergreifenden Vorzeigeprojekt werden. In einem deutsch-französischen Innovationspark sollen Projekte zu nachhaltiger Energiegewinnung umgesetzt werden. Bis das Gelände des Kernkraftwerks selbst genutzt werden kann, werden jedoch noch Jahrzehnte vergehen. Nach Betreiberangaben sind für die Vorbereitungen der Demontage fünf Jahre veranschlagt, der Abbau selbst dauert dann nochmals 15 Jahre.