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FDP will mitregieren: Schlappe für Theurer beim Klimaschutz

Michael Theurer
Michael Theurer, der Vorsitzende des FDP-Landesverbands Baden-Württemberg. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Seit 2011 ist die FDP in Baden-Württemberg in der Opposition. Das will sie nach der Wahl 2021 ändern. In einer Sache erteilen die Delegierten der Parteiführung aber erst einmal einen Dämpfer.
Fellbach.

Fellbach (dpa/lsw) - Die oppositionelle FDP will in Baden-Württemberg nach der Landtagswahl 2021 wieder mitregieren. Landeschef Michael Theurer sagte am Sonntag, es sei an der Zeit, dass mit der FDP eine Kraft in die Regierung komme, die der wirtschaftlichen Entwicklung, der Digitalisierung und der Bildung wieder eine hohe Priorität einräume. Bei der traditionellen Dreikönigskundgebung der Liberalen am Montag in Stuttgart redete Theurer von einem möglichen grün-gelben Bündnis. Das sei zwar keine Wunschkoalition für die Liberalen. Doch wenn es rechnerisch reiche, schließe er Gespräche nicht aus.

Zugleich formulierte Theurer beim Landesparteitag in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) Bedingungen für eine mögliche Regierungsbeteiligung: Ohne Technologieoffenheit beim Entwickeln klimafreundlicher Antriebe und ohne eine Bildungspolitik mit einer verbindlichen Grundschulempfehlung und einem Ende der «Privilegierung» der Gemeinschaftsschule werde es keine Regierungsbeteiligung geben. «Egal, in welche Regierung wir eintreten: Es muss eine Reformkoalition sein», sagte Theurer.

Der 52-Jährige musste überraschend eine Schlappe einstecken: Ein von ihm mitgetragener Antrag zum Klimaschutz kam nicht durch. Die Delegierte Claudia Felden kritisierte zuvor, der Antrag passe eher zu einem Grünen-Parteitag. Zwar sehe sie Handlungsbedarf in der Klimapolitik. Der Antrag enthalte aber viele planwirtschaftliche Ansätze und Forderungen, die nicht dem liberalen Verständnis entsprächen. Das sah auch die Mehrheit der Delegierten so - und stimmte der Streichung der Zeilen 20 bis 87 zu. Damit blieben von dem Antrag nur noch die ersten drei Absätze übrig. Er wurde daraufhin zurück in den zuständigen Landesfachausschuss der Partei überwiesen.

In einem Antrag war etwa vorgeschlagen worden, die soziale Marktwirtschaft zur ökologischen Marktwirtschaft weiterzuentwickeln. Zudem sollten ökonomische Anreize für Kommunen und Anwohner dafür geschaffen werden, Windkraftanlagen in ihrer Nähe zu dulden. Der Ausbau von Windkraftanlagen an Land kommt nur langsam voran - auch, weil sich an vielen Orten Bürgerinitiativen gegen den Ausbau wehren.

Theurer sagte zum dem gescheiterten Antrag: «Das passiert halt.» Daran zeige sich, dass die Delegierten auf dem Parteitag das Sagen hätten. Theurer verwies darauf, dass klimaschutzpolitische Themen auch in den anderen, bereits beschlossenen Anträgen enthalten seien.

Die FDP war bis 2011 Teil einer schwarz-gelben Landesregierung. Derzeit ist sie die kleinste Oppositionsfraktion im Landtag. Bei der Landtagswahl 2016 hatte sie 8,3 Prozent geholt und einer möglichen Koalition aus Grünen, SPD und FDP eine Absage erteilt. In den Umfragen stand sie im Südwesten zuletzt bei acht bis neun Prozent. Bei der Landtagswahl im März 2021 ist die spannende Frage, ob Winfried Kretschmann (Grüne) das Ministerpräsidentenamt verteidigen kann oder ob es mit der CDU-Politikerin Susanne Eisenmann das erste Mal eine Frau an die politische Spitze des Bundeslandes schafft.

Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke soll die FDP in die Landtagswahl führen. Er wurde vom Landesvorstand bereits nominiert. Ein Parteitag im Juni soll ihn - eventuell nach einem Mitgliederentscheid - offiziell zum Spitzenkandidaten küren.

Ein zentrales Thema im Wahlkampf wird Rülkes Einschätzung nach die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Baden-Württemberg sein - dem Thema widmete sich auch ein vom Parteitag beschlossener Leitantrag des Landesvorstandes. Rülke führte die sich abzeichnende Krise im Fahrzeugbau und bei den Zulieferern an. Es drohe ein Strukturbruch wie im Ruhrgebiet im 20. Jahrhundert. Als Gegenstrategie forderte Rülke eine Technologieoffenheit bei der Entwicklung neuer Fahrzeugantriebe. Den Grünen hielt er vor, einseitig auf Batterien zu setzen und in Wahrheit weniger Autos in Deutschland zu wollen.

Die FDP hat insbesondere Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe als Alternativen für den klassischen Verbrennungsmotor im Blick. Für Unmut sorgte auf dem Parteitag eine Broschüre der eigenen Landtagsfraktion: Manche Delegierte sahen sie zu sehr auf die Wasserstofftechnologie gemünzt und bemängelten, die FDP sei damit selber eben nicht offen für alle Technologien.

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