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Finanzierung von Tests in Kitas: Verdi fordert Testpflicht

Steffen Jäger
Baden-Württembergs Gemeindetagspräsident Steffen Jäger steht im Foyer der Geschäftsstelle des Gemeindetags. Foto: Marijan Murat/dpa/archivbild
Während in den Schulen Testpflicht und Fernunterricht organisiert werden, stehen Erzieherinnen in den Kitas noch mit leeren Händen da. Denn eine Testpflicht für Kinder, so wie sie in Schulen geplant ist, gibt es nicht. Aber erste Schritte dahin. Und Geld.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Auf dem Weg zu einer möglichen landesweiten Corona-Testpflicht auch für Kita-Kinder haben Land und Kommunen einen ersten Fahrplan aufgestellt. Eine von den Gewerkschaften massiv geforderte Verpflichtung zum Testen wie in Schulen wird es aber auch weiterhin nicht geben. Zunächst sollen Städte und Gemeinden auf dem Markt versuchen, so viele Testkits wie möglich zu beschaffen. Der Gemeinderat begrüßte die Vereinbarung mit dem Land am Donnerstag als «Startschuss», bittet aber auch um Geduld: «Man kann nur das beschaffen, was auf dem Markt ist», sagte der Präsident des Verbands, Steffen Jäger.

Nach Angaben des Landes und der kommunalen Verbände sind die wichtigsten Fragen zur Finanzierung regelmäßiger Tests an Kitas und Kindergärten nun geklärt. In einem nächsten Schritt müssen sich die Kommunen bemühen, eine ausreichende Zahl an Testkits bereitzustellen. Kann in allen Städten und Gemeinden ein Angebot gemacht werden, ist nach Angaben des Gemeindetags eine Art Test-Verpflichtung im Gespräch.

Ziel sei es, rund 450 000 betreute Kinder bis zum Alter von sieben Jahren zweimal pro Woche testen zu können, teilten Land und Kommunen gemeinsam mit. Das Land übernimmt aber nur Teile der Kosten für die Tests. In der Altersgruppe für die Kinder ab drei Jahren ist die Übernahme von 30 Prozent der Kosten vorgesehen. Bei Kindern unter drei Jahren beteiligt sich das Land über die Betriebskosten, über die auch die Schnelltests mitfinanziert werden sollen. Die Kosten für die Tests der Beschäftigten trägt das Land komplett.

Land und Kommunen fordern auch den Bund auf, die Kosten zu übernehmen. «Die Testung in den Kitas ist zentraler Teil der Pandemiebekämpfung und deshalb staatliche Aufgabe», sagte Jäger. Allerdings dränge die Zeit. Daher könnten die Kommunen nicht warten, bis auch diese finanzielle Frage geklärt sei. Der Präsident des Landkreistags, Landrat Joachim Walter, nannte die Kommunen die «Ausfallbürgen für den Bund». Man könne es sich gesellschaftlich nicht leisten, Kitas als Orte frühkindlicher Bildung zu schließen, sagte er.

Die Gewerkschaft Verdi begrüßte die Vereinbarung. So werde keine weitere Zeit verloren. An einer Testpflicht nach dem Vorbild der Schulen im Land führe aber kein Weg vorbei. Es müssten umsetzbare und auch verpflichtende Konzepte erstellt werden für die zweimalige Testung von Kindern und Beschäftigten pro Woche, forderte der Verdi-Landesbezirksleiter Martin Gross in Stuttgart. Kitas bräuchten auch ausreichende Test-Kits - und zwar kostenlos, forderte Verdi. Außerdem dürften die Betreuerinnen und Erzieher nicht zusätzlich belastet werden.

«Schule ist im Fokus, Schule ist Chefsache. Aber Kitas sind noch völlig ungeregelt», sagte auch Gross' Stellvertreterin Hanna Binder. Infektionsketten sind nach Einschätzung der Gewerkschaft aber nur durch eine engmaschige und verpflichtende Teststrategie in den Griff zu bekommen. «Und ohne dass verbindlich getestet wird, können wir nicht so weiterwurschteln wie bisher», sagte Binder.

Auch müsse es ein Quarantänekonzept geben, das verbindlich regele, wann nur eine Gruppe und wann eine ganze Kita geschlossen werden müsse, fordert die Gewerkschaft in einem 13-Punkte-Katalog an die Landesregierung. Es solle zudem Sicherheit darüber geben, bei welcher Coronabelastung der Stadt oder des Kreises Kitas ganz geschlossen und Kitas mit Notbetreuung zu öffnen seien.

Viele Kommunen wie Böblingen und auch Mannheim sind bei der Testpflicht bereits in Vorleistung gegangen. In der Quadratestadt werden für alle Beschäftigten an Kitas und Schulen regelmäßig zwei Tests pro Woche angeboten. Eltern können frei entscheiden, welchen Test sie zu Hause mit ihrem Kind nutzen möchten. «Das ist ein sehr, sehr großer Gewinn, weil die Tests das Leben in den Kitas erleichtern», sagte Nadine Schunn, Erzieherin aus Mannheim. Sie würde aber eine Pflicht zum Testen befürworten. «Wenn man eine Gemeinschaftseinrichtung besucht, müssen auch alle zum Schutz beitragen.»

Zuvor hatten bereits die Eltern moniert, der Wechsel zum Fernunterricht nach den Osterferien sorge bei den Eltern mit Kindern in Kitas und Kindertagespflege für akute Verunsicherung. Sie beobachteten mit Unruhe, dass sich die Landesregierung bisher noch nicht zum Verfahren in den Kitas geäußert habe, teilte ein Sprecher der Landeselternvertretung baden-württembergischer Kindertageseinrichtungen (LEBK-BW) mit.

Die Elternvertreter sprechen sich grundsätzlich für offene Kitas aus und verweisen dabei auch auf aktuelle Daten des Landesgesundheitsamts, wonach vor allem Arbeitsstätten und der Privatraum für den Großteil der Corona-Neuinfektionen verantwortlich seien.

© dpa-infocom, dpa:210408-99-129571/3