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Freispruch in 34 Jahre altem Mordfall auf finnischer Fähre

Justitia in Ulm
Vor dem Landgericht hält eine Statue der Justitia eine Waagschale. Foto: Stefan Puchner/dpa/Symbolbild
Die finnische Polizei hat einen herben Rückschlag erlitten: Sie glaubte, nach 34 Jahren endlich den brutalen Angriff auf ein deutsches Studentenpaar aufgeklärt zu haben. Aber dem Gericht reichten die Beweise nicht.

Helsinki (dpa) - Der brutale Angriff auf ein deutsches Pärchen auf einer Ostsee-Fähre vor 34 Jahren bleibt ungelöst. Ein Gericht im finnischen Turku hat am Mittwoch einen Dänen freigesprochen, der angeklagt war, einen Mann getötet und seine Freundin schwer verletzt zu haben. Wie der finnische Rundfunk Yle am Mittwoch meldete, sah es das Gericht im finnischen Turku nicht als erwiesen an, dass der Däne hinter der Tat steckte. Er hatte in dem Verfahren stets seine Unschuld beteuert.

Das Pärchen aus Baden-Württemberg war im Juli 1987 mit der Ostsee-Fähre «Viking Sally» auf dem Weg von der schwedischen Hauptstadt Stockholm nach Turku in Finnland gewesen. Die beiden Studenten hatten an Deck des Schiffes unter freiem Himmel geschlafen, als sie nachts brutal angegriffen wurden. Nach Angaben der Polizei benutzte der Täter einen zur Schiffsausrüstung gehörenden Schlackenhammer. Die Waffe wurde aber nie gefunden, und man ging davon aus, dass der Täter sie über Bord ins Meer geworfen hatte.

Pfadfinder fanden die beiden am Morgen blutüberströmt in ihren Schlafsäcken. Der damals 20 Jahre alte Mann starb. Die 22-jährige Frau überlebte schwer verletzt, konnte sich aber später an den Angriff nicht erinnern.

Der Däne, der nun vor Gericht stand, wurde zunächst als Zeuge vernommen und hatte Zeitungen Interviews gegeben. Die Polizei hatte den damals 18-Jährigen nicht unter Verdacht. Nach erfolglosen Ermittlungen in den 80er und 90er Jahren wurde der Fall schließlich zu den Akten gelegt.

Bis 2016. Da erhielt die Polizei den Tipp, dass der Däne in einer SMS an seine Frau angedeutet haben soll, die Tat begangen zu haben, berichtete Yle. Bei einer Vernehmung durch die Polizei im selben Jahr - er saß zu diesem Zeitpunkt im Gefängnis - soll er demnach ebenfalls angedeutet haben, hinter dem Angriff zu stecken.

Das Gericht in Turku wollte die Vorermittlungsberichte aus dem Jahr 2016 aber nicht als Beweismittel anerkennen. Der Verdächtige war in dem Verhör nicht über seine Rechte aufgeklärt worden und hatte auch keinen rechtlichen Beistand.

Im Urteil heißt es: «Es ist nicht nachgewiesen, dass der Angeklagte die einzige Person war, die Gelegenheit und Möglichkeit hatte, die fraglichen Straftaten zu begehen.» Er habe sich nicht des Verbrechens schuldig bekannt und seine Schuld sei auch nicht durch Geständnisse belegt.

Die «Viking Sally» erlangte später unter einem anderen Namen traurige Bekanntheit: als «Estonia», also jene Fähre, die 1994 auf dem Weg zwischen Tallinn und Stockholm urplötzlich unterging. Die Katastrophe mit 852 Toten gilt bis heute als schwerstes Schiffsunglück der europäischen Nachkriegsgeschichte.

© dpa-infocom, dpa:210630-99-204710/4

Yle