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Gewalt gegen Polizisten und Feuerwehrleute nimmt zu

Polizisten
Zwei Polizisten gehen Streife. Foto: Boris Roessler/dpa/Symbolbild
Bei Demonstrationen und beim Einsatz vor dem brennenden Haus, bei Sanitätsdiensten und in Stadien - Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter sind so stark wie nie zuvor Gewalt ausgesetzt. Vor den Zahlen verblasst auch die ansonsten gute Jahresbilanz der Polizei.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Bei Fanrandalen, Demos oder beim Protest gegen die Rettungsgasse, bei Gaffern, Familienstreitigkeiten und bei nächtlichen Krawallen - immer wieder werden Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter in Baden-Württemberg Opfer von Gewalt. Von oft betrunkenen Angreifern werden sie gestoßen und beworfen, von aggressiven Verdächtigen bei Festnahmen attackiert - im vergangenen Jahr so oft wie seit vielen Jahren nicht.

Fast 5000 Taten wurden erfasst, das sind 4,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor und sogar 1000 Übergriffe mehr als vor fünf Jahren. In der Statistik wurden fast 11 200 Polizistinnen und Polizisten als Opfer von Gewalt erfasst - das sind mehr als 30 pro Tag. Mehr als 2200 von ihnen wurden bei den Angriffen auch verletzt.

Auch 243 Mitarbeiter des Rettungsdienstes und 122 Feuerwehrleute wurden Opfer körperlicher Angriffe. «Vor dem Hintergrund, dass sie ihre Arbeit häufig ehrenamtlich leisten, ist diese Entwicklung besonders besorgniserregend», heißt es in dem am Montag veröffentlichten Bericht.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft sieht den Grund für die Gewalt gegen Uniformierte vor allem im erhöhten Anspruchsdenken der Menschen gegenüber dem Staat. «Es herrscht eine Respektlosigkeit und ein Umgangston, der seinesgleichen sucht», kritisierte der baden-württembergische DPolG-Vorsitzende Ralf Kusterer. «Viele sind gar nicht mehr in der Lage, in der Debatte auf Aggressivität zu verzichten.»

Unzählige Male werden Polizisten nach Angaben der Gewerkschaft auch beleidigt und beschimpft. «Das wird immer brutaler», sagt Kusterer. «Es ist eigentlich unglaublich, was sich vor allem Polizistinnen so alles anhören müssen.» Der Gewerkschaftschef forderte, den Strafrahmen auszunutzen und keine Tat gegen Polizisten, Feuerwehrleute oder Sanitäter unbestraft zu lassen. «Keine Tat darf eingestellt werden», sagte Kusterer. «Es muss konsequent angezeigt, verhandelt und auch verurteilt werden. Da sind wir noch viel zu lasch.»

Laut Innenministerium zählen zu den erfassten Taten der Statistik die Angriffe gegen das Leben von Beamten und gegen ihre körperliche Unversehrtheit, gegen die Freiheit und die sexuelle Selbstbestimmung. Beleidigung sind nicht Teil der Statistik.

Angesichts sinkender Zahlen unter anderem bei Diebstählen und Einbrüchen zeigte sich Innenminister Thomas Strobl (CDU) dennoch zufrieden mit der Statistik des vergangenen Jahres. «Die Gesamtstraftaten bewegen sich in etwa auf dem vergleichsweise niedrigen Niveau der Vorjahre», sagte er. Die Zahl der Straftaten sei mit 573 813 registrierten Fällen und verglichen mit früheren Jahren ein sehr niedriger Wert. «Die Kriminalitätsbelastung in Baden-Württemberg sinkt auf 5184 Straftaten je 100 000 Einwohner und ist damit so niedrig wie seit den 1980er-Jahren nicht mehr», sagte Strobl. «Wir sind also auf dem richtigen Weg.»

Stark gesunken sind die Zahlen der registrierten Diebstähle und Einbrüche. Laut Statistik ging die Zahl der Diebstähle um 5,6 Prozent zurück auf 159 423 Straftaten. Dazu gehören die Ladendiebe (minus 5,7 Prozent), Taschendiebe (minus 16,3 Prozent) und Trickdiebe (minus 16,9 Prozent). Allerdings steigt die Schadenssumme um 1,1 Prozent auf mehr als 157 Millionen. 43,9 Prozent der rund 42 000 Verdächtigen kommen nicht aus Deutschland.

Die Zahlen bei den Wohnungseinbrüchen (6418 Fälle) ging laut Statistik um zehn Prozent zurück und hat sich somit seit dem Jahr 2014 mehr als halbiert. Grund für diesen Trend seien die schärferen Kontrollen im Herbst und Winter ebenso wie die verbesserte Zusammenarbeit mit den benachbarten Bundesländern. Außerdem werden Wohnungen und Häuser besser geschützt. Fast jeder zweite «Bruch» ist nicht erfolgreich, allerdings wird auch nur jeder fünfte Beutezug aufgeklärt.

Die Polizeigewerkschaft hält Baden-Württemberg zwar ebenso wie der Innenminister für ein «sicheres Bundesland». Die Statistik sei allerdings keinesfalls ein Barometer für die Sicherheit. «Die Kriminalstatistik ist nicht mehr als ein Tätigkeitsnachweis darüber, was die Polizei in einem Jahr geleistet hat», sagte DPolG-Chef Kusterer. Würden mehr Polizisten eingesetzt, könnten auch mehr Straftaten aufgedeckt werden. Derzeit führen die Polizisten nur noch zu Aufträgen und Einsätzen. «Streifen werden kaum mehr gefahren, auf frischer Tat wird kaum noch jemand ertappt.»

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