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Hochschulspitze wegen Zulagen-Affäre vor Gericht

Verwaltungshochschule Ludwigsburg
Ein Schild weist auf die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg hin. Foto: Marijan Murat/dpa
Die Zulagen-Affäre an der Verwaltungshochschule Ludwigsburg beschäftigt erneut die Justiz. Der Prozess gibt einen Einblick in die Regelwelt, die die Hochschule sich selbst gab - und an die sie sich nicht hielt. Mit Zulagen hat aber nicht nur Ludwigsburg ein Problem.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Irgendwann bricht es aus dem Vorsitzenden Richter heraus. «Da knirscht es doch und holpert», hält er dem angeklagten früheren Kanzler der Ludwigsburger Beamtenhochschule vor. «Das beißt sich doch.» Gemeinsam mit dem Ex-Rektor der Einrichtung muss sich der 66-Jährige seit Dienstag wegen der umstrittenen Vergabe von Zulagen an Professoren der Beamtenhochschule in Ludwigsburg vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht verantworten. Den beiden wird Untreue vorgeworfen. Zum Prozessauftakt verteidigte sich der ehemalige Kanzler, der vor allem für die Finanzen an der Kaderschmiede für Nachwuchsbeamte zuständig war.

Er habe die Zulagenpraxis nach einem Gespräch mit dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Ende 2011 nicht als rechtswidrig erkannt, sagte er. «Ich habe gedacht, das ist rechtens, was da gemacht wird.» Letztlich habe er «das Ding unterschrieben, weil es mir so vorgelegt wurde».

Die frühere Hochschulleitung soll 13 Professoren die Zulagen zu Unrecht gewährt haben - wenige Tage vor dem Ausscheiden des Rektors aus dem Dienst. Im Untersuchungsausschuss zu der Affäre hatte vor zwei Jahren schon der ehemalige Hochschulleiter die Vorwürfe zurückgewiesen und gesagt, er habe «mit bestem Wissen und Gewissen» gehandelt und sich auf die Auskunft des Landesamtes verlassen. Zum Prozessauftakt ließ der Richter allerdings erkennen, Rektorat und Professoren hätten seiner Ansicht nach Zweifel an der Praxis bekommen können.

Die 13 Professoren waren von der sogenannten C- in die W-Besoldung gewechselt, in der ein geringeres Grundgehalt gezahlt wird. Es gibt aber die Chance, höhere Leistungszulagen zu erhalten, um den Einkommensverlust auszugleichen. Der Unterschied zwischen der C2- und der W2-Besoldung betrug damals 942 Euro. Im Ludwigsburger Fall waren die Sonderzahlungen aber deutlich höher. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft entstand dem Land zwischen 2012 und 2016 bereits ein Schaden von mehr als 411 000 Euro - «und das ist in Zukunft naturgemäß ansteigend», sagte die Staatsanwältin.

An der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen werden die Nachwuchsbeamten für das Land Baden-Württemberg ausgebildet.

Ein Einzelfall ist die Verwaltungshochschule keineswegs. Eine Befragung des Wissenschaftsministeriums von 44 Hochschulen hatte 2018 weitere Fälle ans Licht gebracht. Gefragt wurde nach Berufungs- oder Bleibezulagen, ohne dass tatsächlich Berufungs- oder Bleibeverhandlungen mit einem Professor geführt worden wären. Der relevante Zeitraum begann mit dem Jahr 2005. Dabei sind vier weitere Komplexe bekannt geworden:

In Heidelberg ermittelt die Staatsanwaltschaft derzeit in zwölf Fällen an der Pädagogischen Hochschule (PH) wegen des Verdachts fehlerhaft vergebener Zulagen. Die Staatsanwaltschaft in Mannheim beschäftigt sich in einem Überprüfungsvorgang mit der Praxis der Gewährung von Zulagen in einem Fall an der Universität Mannheim. Förmliche Ermittlungen sind dort noch nicht eingeleitet worden.

Im Zuge der Umfrage waren auch an der PH Ludwigsburg vier Fälle von fehlerhaft vergebenen Zulagen entdeckt worden. Das Ressort von Ministerin Theresia Bauer (Grüne) beanstandete auch bei 70 Professoren der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz die Vergabe von Extra-Zahlungen. Dabei handelte es sich um Leistungsbezüge, für die die dafür notwendige Beurteilung fehlte. Die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittelt derzeit nach eigenen Angaben wegen des Verdachts der rechtswidrigen Zahlung von Leistungs- und Forschungszulagen gegen «mehrere» Angehörige der HTWG.

Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens hatten im Mai dieses Jahres Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft die Hochschule durchsucht. Die sichergestellten Daten und Datenträger würden noch ausgewertet, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

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Abschlussbericht Untersuchungsausschuss Zulagenaffäre