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Kretschmann verteidigt Corona-Beschlüsse: «Alarmstufe Rot»

Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von BW
Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild
Kneipen zu, Museen zu, Fitnessstudios auch. Was an das vergangene Frühjahr erinnert, wird in ähnlicher Weise auch in den kommenden Wochen das öffentliche Leben einschränken. Die Regierung verteidigt die Corona-Beschlüsse. Das sorgt für Aufruhr im Landtag.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Nach den Entscheidungen über weitere Corona-Auflagen hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die jüngsten Einschränkungen verteidigt und Betroffenen die Unterstützung von Bund und Land zugesagt. «Dieser Schritt ist nötig, weil unser Land auf eine nationale Gesundheitsnotlage zusteuert», sagte der Regierungschef am Freitag in einer Sondersitzung des Landtags in Stuttgart. «Wir haben Alarmstufe Dunkelrot», warnte er. «Die zweite Welle trifft uns mit voller Wucht.»

Angesichts der bundesweit anschwellenden Corona-Infektionswelle hatte er am vergangenen Mittwoch gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen. Neben Restaurants und Kneipen müssen unter anderem auch Theater und Kinos, Fitnessstudios und Museen für einen Monat schließen. Die Auflagen sollen ab kommenden Montag bis Ende November gelten.

«Uns ist bewusst, dass die von uns beschlossenen Maßnahmen viele Unternehmen, Einrichtungen und Solo-Selbstständige treffen und verunsichern», sagte der Regierungschef. Er versicherte den Betroffenen zudem die Unterstützung des Landes. «Wir haben Sie nicht vergessen», sagte Kretschmann. Der Bund werde schnell und unbürokratisch eine Nothilfe an die betroffenen Unternehmen, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen auszahlen. «Niemand muss aufgrund der Maßnahmen um seine wirtschaftliche Existenz fürchten», sagte der Ministerpräsident. Die Entschädigung sei «großzügig».

Bereits im Vorfeld der Sondersitzung hatten die Fraktionen von Grünen und CDU angekündigt, die Entscheidungen über die Auflagen zu unterstützen. Die Beschlüsse dienten dazu, die Zahl der Neuinfektionen einzudämmen, heißt es in einem Antrag der beiden Fraktionen, über den der Landtag am Freitag abstimmen sollte. Es sei wichtig, die notwendigen Maßnahmen «zeitnah und sorgfältig zu erlassen», heißt es in dem Entschließungsantrag weiter. Auch müssten die vorgesehenen Finanzhilfen unverzüglich umgesetzt werden. CDU und Grüne haben eine Mehrheit im Landtag.

Dagegen forderte die FDP die Landesregierung auf, die jüngsten Beschlüsse zunächst nicht umzusetzen. Die Bund-Länder-Runde habe weder eine verfassungsrechtliche Stellung noch eine unmittelbar demokratische Legitimation, heißt es in einem Antrag der Liberalen. Eine unmittelbare Legitimation komme in den Ländern und im Bund nur den Parlamenten zu.

In seiner von Zwischenrufen unterbrochenen Rede bestätigte Kretschmann die bislang bekannten Einschränkungen. Demnach werden Restaurants und Kneipen auch im Südwesten von Montag an wieder schließen, genauso wie Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo- und Fitnessstudios, Theater, Museen oder Kinos. In der Öffentlichkeit sollen sich nur noch maximal zehn Menschen aus dem eigenen und einem zweiten Hausstand gemeinsam aufhalten dürfen. Diese begrenzte Personenzahl gelte auch in den eigenen vier Wänden. Veranstaltungen werden gestrichen und Zuschauer in der Bundesliga wieder verboten.

Kontakte zwischen Angehörigen und Bewohnern in Seniorenheimen, Krankenhäusern und Behinderteneinrichtungen sollen weiter möglich sein. «Wir führen deshalb dort mit Hochdruck Schnelltests ein, damit Angehörige weiterhin zu Besuch kommen können.»

Offen bleiben sollen auch Schulen, Kindergärten, der Groß- und Einzelhandel und Friseurläden. Nach Ablauf von zwei Wochen wollen Kanzlerin und Länderchefs die erreichten Ziele beurteilen und notwendige Anpassungen vornehmen.

Die jüngsten Beschlüsse gehen einher mit weiter steigenden Infektionszahlen in Baden-Württemberg. Auch am Freitag starben mehrere Menschen im Zusammenhang mit dem Virus. In einem Pflegeheim im Landkreis Tübingen starben drei Bewohner nach Corona-Infektionen, wie eine Sprecherin des Landratsamtes sagte. In dem Heim in Mössingen seien 27 Bewohner und 13 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden, teilte das Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg mit, das Betreiber der Einrichtung ist.