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Fahrverbote: Opposition geht Landesregierung an

Abgase
Abgase strömen aus dem Auspuff eines Autos. Foto: Franziska Kraufmann/Archiv
Sind die Diesel-Fahrverbote in Stuttgart keine rechtliche, sondern eine rein politische Entscheidung? Das hält zumindest die Opposition der Landesregierung vor. Die aber verweist auf Gerichte und den Bund.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Wegen der Diesel-Fahrverbote hat die Opposition die Landesregierung angegriffen - doch die wehrt sich. AfD, SPD und FDP hielt der grün-schwarzen Koalition von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Donnerstag im Landtag vor, die Verbote in Stuttgart leichtfertig erlassen zu haben. Die FDP forderte, die geltenden Fahrverbote für Diesel der Euronorm 4 und schlechter in Stuttgart aufzuheben. Die SPD plädierte dafür, die drohenden Fahrverbote für Diesel der Euronorm 5 für zwei Jahre auszuschließen. Auf beides will sich die Regierung aber bislang nicht einlassen, obwohl es auch zwischen Grünen und CDU in der Sache Differenzen gibt.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) beteuerte, alles tun zu wollen, um weitere Fahrverbote zu verhindern. Die Luft werde sauberer - deshalb sei er zuversichtlich, dass es keine flächendeckenden Euro-5-Fahrverbote geben werde. Die Landesregierung müsse sich aber an Recht, Gesetz und Urteile halten. «Gerichte sind immer für Überraschungen gut.» Kretschmann wies die Verantwortung für die Fahrverbote der Bundesregierung zu. So könne das Land die Automobilindustrie nicht zur Nachrüstung von Autos verpflichten.

Die CDU hatte mehrfach erklärt, dass Euro-5-Fahrverbote mit ihr nicht zu machen seien. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) warf sie vor, Maßnahmen zur Luftreinhaltung zur verschleppen. So hatte etwa der Vizechef der CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung im Südwesten, Daniel Hackenjos, mit Blick auf die Fahrverbote gesagt, für die Verursacher sei noch ein Plätzchen im Gefängnis frei. Dabei nannte er auch Minister Hermann. Im Zuge dessen war die Regierung in eine schwere Krise geraten. Am Dienstag hatte sie sich aber auf einen Zeitplan zur Umsetzung von Luftreinhaltungsmaßnahmen geeinigt.

Kretschmann kritisierte mit Blick auf Hackenjos' Worte: «Das ist ein grober Verstoß gegen das demokratische Miteinander, es ist kein zivilisierter Streit. Da wird eine rote Linie überschritten.» Er bemängelte eine Verrohung der Debattenkultur. «Wohin das führen kann, haben wir in den Vereinigten Staaten gesehen. Dort haben wir erlebt, wie Trump im Wahlkampf seine Kontrahentin ins Gefängnis wünschte», sagte Kretschmann mit Blick auf US-Präsident Donald Trump und seine Konkurrentin im Präsidentschaftswahlkampf, Hillary Clinton.

Die Opposition warf Kretschmanns Regierung vor, von der eigenen Verantwortung für die Fahrverbote ablenken zu wollen und Nebelkerzen zu zünden. FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke hielt der CDU mit ihrem Vize-Regierungschef Thomas Strobl vor, sie sei von Minister Hermann über den Tisch gezogen worden - denn Hermann wolle Fahrverbote und habe Luftreinhaltungsmaßnahmen absichtlich verschleppt - was dieser bereits mehrfach zurückgewiesen hatte.

Für SPD-Fraktionschef Stoch ist die grün-schwarze Regierung ein zerstrittener Haufen. Mit Blick auf Hackenjos' Worte sagte er: «Wer so übereinander redet, wird den Menschen im Land doch nicht glaubhaft machen können, dass man gemeinsam Lösungen sucht.» Der AfD-Politiker Hans Peter Stauch meinte, alle anderen EU-Staaten außer Deutschland legten die Vorgaben zu den Stickoxid-Grenzwerten maximal zu ihren Gunsten aus. Die Luft sei so sauber wie seit 150 Jahren nicht mehr.

CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart beteuerte: «Unser Auftrag heißt: Freie Fahrt für Euro-5-Diesel.» Es sei keine Frage, dass Gerichtsurteile befolgt werden müssten - doch es gebe Spielräume. «Der Blick nach München, nach Köln, nach Wiesbaden zeigt: Auch Fahrverbote sind kein Schicksal. Die Lage ist gestaltbar.»