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LKA-Chef: Bahnen mit Graffiti sollten nicht mehr fahren

Ralf Michelfelder
Ralf Michelfelder, der Präsident des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weissbrod/Archivbild
Meistens kommen sie nachts, sprühen ihre Farben auf Wände und Waggons - Tausende Male, ein Millionenschaden. Für Sprayer sind die Graffiti Trophäen. Und genau deshalb sollten beschmierte Züge auch nicht mehr eingesetzt werden, meint der baden-württembergische LKA-Chef.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Bunt sind sie, nicht allzu oft schön anzuschauen und fast immer illegal - um Graffiti zu verhindern, will der Chef des baden-württembergischen Landeskriminalamts den Sprayern Erfolgserlebnisse nehmen. Ralf Michelfelder forderte nicht nur von den Kommunen, sondern auch von der Bahn, Schmierereien so schnell wie möglich zu beseitigen - oder die beschmierten Züge bis zur Reinigung auf dem Abstellgleis zu parken. «Mein Ansatz ist es immer noch, keine Trophäe fahren zu lassen», sagte Michelfelder. «Die Sprayer sollen nicht stolz sagen dürfen: «Diesen Zug da habe ich angemalt.».»

Sprayer wollten sich vor anderen profilieren. «So funktioniert Graffiti», sagte Baden-Württembergs oberster Polizeibeamter. «Deshalb sollte man den Zug stehen lassen, reinigen und dann erst wieder einsetzen.» Das Erfolgserlebnis müsse reduziert werden. «Wenn's keiner sieht, was hat's dann gebracht?»

Auf Brücken, an Wänden, oft aber auch auf den Zügen der Bahn nehmen nach Erkenntnissen des LKA Graffiti weiter stark zu. «Die Zahl der Vergehen ist deutlich gestiegen», sagte Michelfelder. «Gab es 2014 rund 7800 Fälle, so waren es im vergangenen Jahr rund 9700.»

Für Aufsehen hatte der LKA-Chef gesorgt, als er Graffiti vor drei Jahren als eine Gefahr für die Sicherheit in den Städten bezeichnet und von einer «zunehmenden Verwahrlosung im öffentlichen Raum» gesprochen hatte. Vielfach kümmere sich niemand um die Schmierereien. An solchen Ecken werde eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die ganze Stadtteile verlottern lasse, hatte er gewarnt.

Als Vorbild im Kampf gegen Graffiti nannte er das Pforzheimer Projekt «Anti-Graffiti-Mobil», das Schmierereien von straffälligen Jugendlichen entfernen lässt. «Die Täter bekommen bei uns keine Plattform zur Präsentation ihrer «Kunstwerke»», erklärt das Haus des Jugendrechts. Angeleitet werden die Jugendlichen von professionellen und ehrenamtlich engagierten Malern und Lackierern. «Die Täter bekommen hierbei den Wert fremden Eigentums vermittelt, zum Teil auch im Gespräch mit dem Geschädigten selbst», argumentieren die Leiter des Projektes, das sich durch staatsanwaltschaftlich oder gerichtlich verhängte Geldauflagen und Spenden finanziert.

Die Deutsche Bahn stimmt LKA-Präsident Michelfelder zu: «Der Ruhm der Sprayer entsteht dadurch, dass Züge mit dem gesprayten «Kunstwerk» quer durchs Land fahren», teilte sie mit. Zudem befeuere eine Fläche mit Graffiti immer auch den Wettbewerb unter den Sprayern. «Die meisten Sprayer verlieren hingegen die Lust, wenn ihr «Kunstwerk» schnell wieder verschwindet, und suchen sich Flächen, an denen ihr Werk länger zu sehen ist», heißt es.

Der Konzern ist nach Angaben eines Bahnsprechers bemüht, Schmierereien so rasch wie möglich zu beseitigen. Um das Erfolgserlebnis der Sprayer zu schmälern, beseitige die Bahn die Schäden möglichst innerhalb von 48 bis 72 Stunden. «Wenn eine Beseitigung der Graffiti nicht sofort möglich ist, kann es auch sein, dass ein nochmaliger Einsatz des Zuges die bessere Entscheidung ist», sagte der Sprecher. In diesen Fällen könne auch ein Strafgeld drohen.

Nach Bahn-Angaben stieg die Zahl der Graffiti-Beschädigungen 2018 bundesweit um etwa 8 Prozent auf 20 100 Fälle - gegenüber dem Vorjahr ein leichter Anstieg. Allerdings seien mehr Sicherheitskräfte unterwegs, Sprayer würden häufiger ertappt und es werde konsequenter angezeigt. «Die Kosten für die Graffitibeseitigung lagen 2018 bei 13 Millionen Euro», teilte die Bahn mit. Zahlen für Baden-Württemberg liegen der Bahn nicht vor.

LKA-Chef Michelfelder forderte, diese Kosten den Sprayern aufzuerlegen. «Da geht es nicht nur um eine strafrechtliche Verfolgung, sondern es muss die Leute auch finanziell treffen», sagte er. Die Bahn kann den materiellen Schaden als zivilrechtliche Forderung über 30 Jahre im Nachhinein geltend machen.

Anti-Graffiti-Mobil