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Mann hilft Freundin bei Geburt: Hartz-IV nicht gekürzt

Vor einem Gerichtsgebäude steht u.a. eine Statue der Justitia
Vor einem Gerichtsgebäude steht u.a. eine Statue der Justitia. Foto: Stefan Puchner/dpa/Symbolbild
Stuttgart (dpa) - Das Jobcenter darf einem Mann bei einer nicht genehmigten Ortsabwesenheit nicht das Arbeitslosengeld kürzen, wenn er seine Freundin bei der Geburt des gemeinsamen Kindes unterstützt. Das Landessozialgericht in Stuttgart hat ein entsprechendes Urteil des Sozialgerichts in Reutlingen bestätigt (Az.: L 12 AS 1677/19). Unter anderem begründeten die Richter ihre Entscheidung mit dem im Grundgesetz verankerten besonderen Schutz der Familie. Dieser umfasse auch das Recht des Vaters, die unmittelbare Zeit der Geburt des Kindes zu begleiten.
Stuttgart.

In einer Mitteilung vom Mittwoch heißt es, der 1981 geborene Empfänger von Arbeitslosengeld II - besser bekannt als Hartz-IV - hatte Mitte Mai 2018 beim Jobcenter im Kreis Reutlingen angekündigt, er wolle Ende des Monats zu seiner hochschwangeren Freundin nach Schleswig-Holstein fahren. Er sei dabei darauf hingewiesen worden, dass er vor der Abreise erneut beim Jobcenter vorsprechen müsse, um eine offizielle Genehmigung zu erhalten. Der Mann sei dann aufgebrochen, ohne noch einmal das Jobcenter aufzusuchen. Das Kind wurde am 28. Mai per Kaiserschnitt entbunden. Nach der Geburt habe der Mann die Mutter unterstützt und die Vaterschaft anerkannt.

Weil er sich den Aufenthalt nicht habe genehmigen lassen, forderte das Jobcenter eine Rückzahlung von 958 Euro. Der Mann klagte. Das Sozialgericht Reutlingen gab ihm recht. So sei die Wahrnehmung des verfassungsrechtlich garantierten Elternrechts ein wichtiger Grund gewesen, der einer Eingliederung in den Arbeitsmarkt während der strittigen Zeit entgegengestanden habe. Das Jobcenter legte daraufhin Berufung ein.

Das Landessozialgericht hat nun das Urteil des Sozialgerichts überwiegend bestätigt. Zwar habe der Mann während seiner Zeit in Schleswig-Holstein nicht für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden, für einen Zeitraum von bis zu drei Wochen hätte er aber dennoch einen Anspruch auf Hartz-IV gehabt. Insoweit wäre das Jobcenter verpflichtet gewesen, den Antrag auf Ortsabwesenheit zu genehmigen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Vor dem Bundessozialgericht in Kassel ist noch eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich.

© dpa-infocom, dpa:210421-99-293777/2

Landessozialgericht Baden-Württemberg