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Psychiatrie-Insassen sollen Pfleger eingesperrt haben

Justitia
Eine Statue der Justitia mit einer Waage in ihrer Hand. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa/Archivbild
Weil sie zwei Pflegekräfte eingesperrt haben sollen, um zu fliehen, stehen zwei Ex-Insassen einer Psychiatrie vor Gericht. Zur Tat sagen sie nichts - richten sich aber direkt an ihre Opfer von damals.
Tübingen.

Tübingen (dpa/lsw) – Zwei ehemalige Patienten einer forensischen Psychiatrie in Calw sollen zwei Pflegekräfte eingesperrt haben, um zu fliehen. Seit Freitag müssen sich die 25 und 42 Jahre alten Angeklagten vor dem Landgericht Tübingen wegen Freiheitsberaubung, Raub und Erpressung verantworten. Die Staatsanwaltschaft will den beiden Männern nachweisen, dass diese vor ihrem Ausbruch eine Pflegerin und einen Pfleger massiv bedrängt und verletzt hatten, um an einen Schlüsselchip und an die mobilen Stationstelefone zu kommen. Außerdem sollen die Angeklagten die Pfleger auf der Station eingesperrt haben, um ungestört mit dem Chip ins Freie gelangen zu können.

Die Flucht im April 2019 misslang letztlich. Sie selbst ist kein strafbares Delikt. Für das Strafmaß zähle, so der Staatsanwalt, die Schwere der drei Anklagepunkte.

Die Angeklagten machten am Freitag zu den Vorgängen auf der Station keine Angaben. Ihre Verteidiger verlasen eine kurze Erklärung, nach der die Flüchtenden Chip und Telefon gut sichtbar auf dem Gelände der Anstalt hinterlassen hätten - als Argument gegen den Raubvorwurf. Die beiden Pflegekräfte schilderten als Zeugen, dass die Angeklagten den Überraschungseffekt genutzt hätten. So hatte die Pflegerin nach eigener Aussage in beiden Händen ein Tablett gehalten, als einer der Männer ihr die Gegenstände aus den Hosentaschen zog.

Größere Blessuren hätten sie nicht davongetragen, sagten beide Zeugen. Da sie einen solchen Ausbruch noch nicht erlebt hätten, sei aber eine psychische Belastung zurückgeblieben. Die beiden Angeklagten, die jetzt in verschiedenen Haftanstalten untergebracht sind, entschuldigten sich bei ihren früheren Pflegern.

Der 25- und der 42-Jährige blicken nach eigenen Angaben auf eine Drogenkarriere zurück, die bereits in der Kindheit begonnen hatte. Wegen ihrer Abhängigkeit seien sie immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten und hätten mehrere Haftstrafen abgesessen. Bei ihrem Ausbruchsversuch waren sie laut den Zeugen jedoch drogen- und alkoholfrei. Sie hatten zurück ins Gefängnis gebracht werden sollen, weil die Therapie in der Psychiatrie in Calw nicht erfolgreich war.

Die Verhandlung soll am Montag fortgesetzt werden. Insgesamt hat das Gericht vier Termine angesetzt. Ein Urteil könnte es am kommenden Mittwoch geben.