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Rotes Kreuz stößt wegen Selbsttests in Klassen auf Kritik

Corona-Selbsttest
Ein Mann träufelt eine Lösung auf eine Testkassette, die von Covid-19 verursachte Antigene nachweisen kann. Foto: Zacharie Scheurer/dpa/Symbolbild
Klar scheint, dass das Coronavirus nur durch Tests und Impfungen in den Griff zu bekommen ist. Je mehr, desto besser, denkt sich auch das Rote Kreuz. Deshalb will es Lehrern und Schülern beibringen, wie man sich selbst testet. Aber ein Risiko bleibt.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Lehrkräfte sollten nach Ansicht des Deutschen Roten Kreuzes geschult werden, um ihre Schüler und Schülerinnen bei regelmäßigen Corona-Selbsttests anleiten zu können. «Wir planen gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen, Ärzten, Apotheken und den zuständigen Ministerien ein großes Projekt», kündigte DRK-Landesgeschäftsführer Marc Groß in den «Stuttgarter Nachrichten» (Donnerstag) an. «Die Handhabung der Tests ist nicht mehr so schwierig, das kann man hinbekommen», sagte er.

Ziel der Fortbildung ab April sei die Hilfe zur Selbsthilfe. «Wir wollen versuchen, Lehrer im betreuten Testen auszubilden. Deshalb sollen sich Schüler in ihrem direkten Klassenumfeld mindestens einmal pro Woche selbst testen können - unter Aufsicht des Lehrers», sagte Groß. «Dann weiß man, dass die Tests auch gemacht werden.» Geplant seien die Unterstützung vor Ort und Online-Schulungen. «Dabei wird es auch darum gehen, wie man Ängste und Vorurteile bei den Kindern abbaut. Wir wollen zudem den Lehrern psychischen Druck nehmen», sagte Groß. Außerdem gehe es darum, Unsicherheiten zu vermeiden, etwa bei der Frage, was im Falle von positiven Ergebnissen passieren muss.

Sorgen um fehlende Testsets macht sich der DRK-Geschäftsführer nicht: «Es gibt auf jeden Fall genügend Tests, um loszulegen.» Das Thema müsse aber größer ausgerollt werden, denn so viele Teststationen könne man nicht aufbauen. «Nur wenn alle Testmöglichkeiten ineinandergreifen, kann diese Strategie erfolgreich sein.»

Die Gewerkschaften sind von der Idee nicht restlos überzeugt: «Wir verstehen die gute Absicht des DRK, weisen aber deutlich darauf hin, dass zuerst die Rahmenbedingungen zu klären sind», sagte Gerhard Brand, der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) der dpa. Hier müsse das Kultusministerium entscheiden. «Wir empfehlen den Schulen dringend, sich ohne Anweisung seitens des Ministeriums zurückzuhalten mit begleitenden Maßnahmen zur Selbsttestung», warnte er. Ungeklärt sei auch die Frage des Datenschutzes sowie die Frage, ob eine Einverständniserklärung der Eltern vorliegen müsse. «Es stellt sich auch die Frage, in welcher Zeit Lehrer die vom DRK gewünschte Dokumentation leisten sollen», kritisierte Brand.

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) geht auf Distanz: Es gebe zwar Kritik aus Kitas und Schulen daran, dass die Landesregierung Öffnungen anordne, ohne eine verlässliche Teststrategie mit mindestens zwei Tests pro Woche zu garantieren. Es könne aber nicht Aufgabe der Schulleitungen und Lehrkräfte sein, das zu organisieren, sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein am Donnerstag in Freiburg.

Schnelltest-Schulungen seien auf freiwilliger Basis möglich. Es gebe auch bereits Beispiele aus Schulen, an denen diese Konzepte funktionierten. Allerdings weist die GEW auf die rechtliche Situation hin: «Eine Lehrerin geht schon ein rechtliches Risiko ein, wenn sie bei einem Schüler eine Wunde mit einem Pflaster versorgt. Deshalb brauchen wir vor allem bei jüngeren Kindern Test-Teams, die in die Kitas und Schulen kommen», sagte Stein.

© dpa-infocom, dpa:210318-99-870279/6