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Sozialverband VdK: Wachsendes Armutsrisiko in der Pflege

Roland Sing
Der Vorsitzende des baden-württembergischen Sozialverbandes VdK, Roland Sing, in Stuttgart. Foto: Marijan Murat/Archiv
Wer in einem Pflegeheim lebt, muss dafür immer tiefer in die eigene Tasche greifen, warnt der Sozialverband VdK. Das dränge Heimbewohner in die Armut.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Pflegebedürftigkeit stellt aus Sicht des Sozialverbands VdK immer häufiger ein Armutsrisiko dar. Durch zu hohe Heimkosten würden immer mehr Pflegebedürftige zum Sozialfall, kritisierte VdK-Landeschef Roland Sing am Donnerstag in Stuttgart. Es sei entwürdigend, nach einem arbeitsreichen Leben zum Taschengeldempfänger erniedrigt zu werden, teilte der Verband mit. Um die Pflegeheimkosten zu senken, müsse das Land die Investitionskosten der Pflegeheime tragen. Die Investitionskosten sind etwa vergleichbar mit der Kaltmiete. Diese Kosten dürften nicht auf die Betroffenen abgewälzt werden, forderte Sing.

Die gesetzliche Pflegeversicherung beteiligt sich an den Pflegekosten nur mit einem gewissen Festbetrag. Den Rest müssen die Heimbewohner selbst tragen. Pflegebedürftige, die ihren Eigenanteil nicht alleine tragen können, müssen Sozialhilfe beantragen. Laut VdK sind von den mehr als 96 000 Pflegebedürftigen in Heimen im Land fast 28 000 auf Hilfe angewiesen. Dabei sei die Pflegeversicherung 1995 eingeführt worden, damit niemand im Alter aufgrund der Pflegebedürftigkeit mehr zum Sozialfall wird. 2010 ist das Land aus der Förderung der Investitionskosten stationärer Heime ausgestiegen - dies müsse nun korrigiert werden, forderte Sing.

Im Schnitt zahlten Heimbewohner im Land einen Eigenanteil von rund 2098 Euro - davon monatlich 440 Euro für Investitionskosten. Der Bundesdurchschnitt des Pflege-Eigenanteils liegt bei rund 1830 Euro.

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg unterstützte die Forderung des VdK. Das Land stehe im Rahmen der Daseinsvorsorge in zentraler Verantwortung, eine Infrastruktur an leistungsfähigen, ausreichenden Pflege-Angeboten zu sichern.

Sozialminister Manne Lucha (Grüne) lehnte die Forderung am Donnerstag ab und sprach sich für ein vielfältiges Versorgungsangebot aus. In den vergangenen Jahren seien die stationären Pflegeeinrichtungen und damit die verfügbaren Plätze gestiegen, während bei den ambulanten Diensten und Kurzzeitpflegeplätzen Stillstand verzeichnet wurde. «Wir haben damit offenbar einen Nachholbedarf bei wohnortnahen, unterstützenden Wohnformen und bei der Kurzzeit,- Tages- und Nachtpflege.»

Die SPD im Landtag forderte die volle Übernahme der Pflegekosten in Heimen durch die Versicherung. Das Land müsse wieder mehr in die finanzielle Förderung der Pflegeinfrastruktur einsteigen, sagte die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Sabine Wölfle. Ein besonderer Bedarf liege bei der Kurzzeit- und der Tagespflege. «Wir plädieren in diesem Zusammenhang für eine dauerhafte Förderung in der Pflege. Die Politik von Sozialminister Manfred Lucha mit Modellprojekten hier und Restmittelvergabe dort muss ein Ende haben.»