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Streit über das achtjährige Gymnasium flammt wieder auf

Schulunterricht
Beteiligung im Schulunterricht. Foto: Julian Stratenschulte/Archivbild
Die Frage, ob Kinder grundsätzlich in acht oder neun Jahren zum Abitur geführt werden sollen, ist ein politischer Dauerbrenner. Ein Verband hält das das achtjährige Gymnasium für gescheitert.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Mitten in den Sommerferien ist eine Debatte über das achtjährige Gymnasium (G8) in Baden-Württemberg entbrannt. Während Ministerpräsident Winfried Kretschmann und andere Grünen-Politiker das G8 verteidigten, plädierten sowohl der Philologenverband als auch die oppositionelle SPD noch einmal für eine Wahlfreiheit zwischen G8 und G9. Bislang wird das Abitur an Gymnasien im Südwesten grundsätzlich nach acht Jahren gemacht. Viele Eltern klagen aber über zu viel Stress für ihre Kinder.

Der Landeschef des Philologenverbandes, Ralf Scholl, sagte am Freitag in Stuttgart, der Großteil der Abiturienten beginne das Studium nicht - wie erhofft - ein Jahr früher, sondern lege nach dem Abitur eine einjährige Pause ein, um sich zu orientieren. «Die Verkürzung der Gymnasialzeit im Rahmen des G8 ist in allen ihren Zielen gescheitert.» Der Verband vertritt die Gymnasiallehrer.

Er widersprach damit Ministerpräsident Kretschmann. Dieser hatte das achtjährige Gymnasium in einem Videointerview mit der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» gegen Kritik verteidigt. Er erklärte, man müsse heute ein Leben lang lernen. Es sei sinnvoll, Schulzeit und Studium kurz zu halten.

Verbandschef Scholl meinte, eine große Mehrheit der Schüler und Eltern wolle eine Wahlmöglichkeit zwischen dem acht- und dem neunjährigen Gymnasium. Die grün-schwarze Landesregierung ignoriere dies, obwohl sie ständig von einer «Politik des Gehörtwerdens» rede. Vor allem die Grünen schalteten bei diesem Thema einfach «auf Durchzug». Gerade in einer Zeit des lebenslangen Lernens sei eine bestmögliche Schulbildung als Grundlage wichtig, sagte Scholl.

Der Philologenverband ist für eine Wahlfreiheit zwischen dem G8 und dem G9. Diese Haltung vertritt auch die SPD. Landeschef Andreas Stoch sagte: «Wir müssen jungen Menschen die notwendige Zeit geben, dass sie sich Wissen aneignen und gleichzeitig ihre eigene Entwicklung durchmachen können.» Kretschmann könne nicht die Augen davor verschließen, dass junge Menschen zwar mit siebzehneinhalb Jahren das Abitur hätten, aber Hochschulen und Unternehmen zunehmend über eine unzureichende persönliche Entwicklung der jungen Leute klagten.

Hingegen meinte Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz: «Das G8-Gymnasium hat sich als leistungsstarke Schule und tragende Säule unseres Schulsystems etabliert.» Ein neunjähriger Weg bis zum Abitur sei an den 44 Modellschulen, an Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe und über die Real- und Werkrealschulen mit anschließendem beruflichen Gymnasium möglich. Damit gebe es so viel Wahlfreiheit wie nie zuvor.