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Südwest-Grüne sammeln sich hinter Kretschmann

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) spricht bei der digitalen Landesdelegiertenkonferenz. Foto: Marijan Murat/dpa
Eine Neuauflage der Koalition mit der CDU löst zwar keine Begeisterung bei der grünen Basis aus. Trotzdem nickt die Ökopartei in Heilbronn die Pläne des Konservativen Kretschmann ab. Die Grünen sind mächtig wie nie in Baden-Württemberg.
Heilbronn.

Heilbronn (dpa/lsw) - Die Südwest-Grünen haben sich trotz einiger Vorbehalte in der Partei hinter die Pläne von Ministerpräsident Winfried Kretschmann für eine erneute Koalition mit der CDU gestellt. Beim Landesparteitag in Heilbronn erhielt der 72-jährige Landesvater Zuspruch für die vor kurzem angelaufenen Koalitionsverhandlungen. Kretschmann versprach seiner Partei einen «echten Neuanfang» für Baden-Württemberg - und das fortschrittlichste Klimaschutz-Programm aller Länder. «Das wird kein «Weiter so» sein», sicherte er zu.

Der grüne Landesverband stellte am Wochenende seine Kandidaten-Liste für die Bundestagswahl auf. Das Spitzen-Duo bilden die Bundestagsabgeordneten Franziska Brantner und Cem Özdemir. Brantner setzte sich mit 63,9 Prozent der Stimmen in einer Kampfkandidatur um Listenplatz 1 gegen die Abgeordnete Agnieszka Brugger durch. Özdemir landete mit 92,4 Prozent auf dem zweiten Platz - ohne Gegenkandidaten. Brugger wurde dann mit 95,8 Prozent auf Platz drei gewählt. Auch Kretschmanns Sohn Johannes will in den Bundestag - er landete mit 74,38 Prozent auf Listenplatz 22. Der 42-Jährige ist Fraktionssprecher der Grünen im Sigmaringer Kreistag.

Die wichtigsten Kandidaten stellten sich vor Ort in Heilbronn vor, das Treffen fand aber größtenteils online statt. Derzeit sitzen 13 Abgeordnete der Grünen aus Baden-Württemberg im Bundestag - in der Parteispitze rechnet man aber mit deutlich mehr Sitzen ab Herbst. Kretschmann unterstrich den Anspruch der Grünen auf das Kanzleramt. Er sei überzeugt, dass die Grünen die Führung der ganzen Republik übernehmen könnten. «Ich traue es unserem Spitzenduo zu.» Er sprach von seiner «Lieblings-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock» und seinem «Lieblings-Kanzlerkandidaten Robert Habeck». Die Grünen würden zur Bundestagswahl einen Wahlkampf hinlegen, «wie ihn die Republik noch nicht erlebt hat».

Der Grünen-Bundesvorstand will am 19. April vorschlagen, wer von den Parteichefs Baerbock und Habeck die Kanzlerkandidatur bei der Bundestagswahl am 26. September übernehmen soll. Die endgültige Entscheidung fällt auf dem Grünen-Parteitag vom 11. bis 13. Juni.

Kretschmann verteidigte seine Entscheidung für eine Neuauflage der grün-schwarzen Koalition. Diese habe man nicht aus dem Bauch heraus getroffen, sondern auf der Grundlage von Fakten. Es gehe um die Zukunft des Landes. Der Regierungschef räumte ein, dass die Arbeit mit der CDU in den letzten Jahren einige Grüne «ernüchtert und frustriert» habe. Aber seine Botschaft: In einem Ampelbündnis mit der FDP wäre beim Klimaschutz lange nicht so viel möglich gewesen.

Für den Kampf gegen den Klimawandel brauche es ein gesellschaftliches Bündnis, weil es dagegen Widerstand geben werde, sagte Kretschmann. Grüne und CDU seien die beiden Parteien, die am tiefsten in der Gesellschaft verankert seien. Baden-Württemberg müsse eine Blaupause werden und kopierfähig im Klimaschutz. Der Konsens, den man da mit der CDU habe, aber nicht mit der FDP, sei ausschlaggebend gewesen für die Entscheidung. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erwiderte per Pressemitteilung: «Wir boten Konsens, die CDU bot Kapitulation für einige Pöstchen und Dienstwagen.»

Am Gründonnerstag hatte es einen Eklat im Zuge der Koalitionsverhandlungen gegeben, weil der grüne Landesvorstand lieber eine Ampel mit SPD und FDP als eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU wollte. Es kam zur Machtprobe mit Kretschmann. Am Ende stimmte der Vorstand aber mit Zwei-Drittel-Mehrheit für eine weitere Legislaturperiode mit der CDU als Partner.

In Heilbronn schlossen sie die Reihen hinter Kretschmann. Viele hätten sich die CDU in die Opposition gewünscht, sagte die Abgeordnete Brantner zu den Koalitionsplänen im Land. Aber nun müssten die Christdemokraten die grünen Vorhaben beim Klimaschutz mittragen. «Wir werden keine Vertragsbrüche mehr zulassen.» Es werde keine Koalition der Beinfreiheit geben, betonte auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Die Grüne würden die nächsten Jahre klar die Richtung vorgeben. Die CDU sei in den vergangenen Jahren ein Klotz am Bein gewesen, sagte Landeschef Oliver Hildenbrand. «Jetzt muss sie die Bremsen endlich lösen.» Peter Seimer vom Kreisverband Böblingen prophezeite den grünsten Koalitionsvertrag der Welt.

Die Grüne Jugend zeigte sich hingegen weiter skeptisch. Man werde den Prozess kritisch begleiten, betonte Landessprecher Deniz Gedik mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen. Die Grüne Jugend behalte sich das Recht vor, dem Koalitionsvertrag nicht zuzustimmen, wenn zu viele Kompromisse gemacht würden.

Kretschmann lobte hingegen die Ergebnisse der Sondierungen, wo man bereits so viel erreicht habe, wie man sich in den kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Das sei «wirklich grasgrün». In einem siebenseitigen Sondierungspapier, das die Grundlage für die Koalitionsverhandlungen bildet, hatten sich Grüne und CDU unter anderem auf ein Sofortprogramm für den Klimaschutz geeinigt - mehr Windräder, mehr Solaranlagen, mehr Nahverkehr. Das wäre mit der FDP schlicht nicht möglich gewesen, sagte Kretschmann. Dabei habe niemand seine «Seele verkaufen müssen» oder sich unterwerfen müssen.

© dpa-infocom, dpa:210409-99-144297/5

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