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Weitere Verbote gegen Corona-Proteste

Thomas Strobl (CDU)
Thomas Strobl, Innenminister von Baden-Württemberg. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild
Es scheint, als habe die Debatte um die jüngste Stuttgarter Demonstration mitten in der Corona-Pandemie etwas ins Rollen gebracht. Nicht nur die Stadt Stuttgart verbietet nach der Schelte zunächst weitere Proteste von Gegnern der Corona-Politik.
Stuttgart.

Heilbronn/Stuttgart (dpa/lsw) - Gleich der erste Schlag ist ein Volltreffer. «Willkommen beim Stuttgarter Kein-Maskenball», ätzt Moderator Christian Ehring in der jüngsten Ausgabe des Satiremagazins «Extra 3» in die Kamera. Und er setzt nach dem jüngsten Stuttgarter Massenprotest gegen die Corona-Auflagen gleich noch einen drauf: «Wir lernen: Man darf in Deutschland gegen das Gesetz verstoßen, wenn nur genügend Menschen mitmachen.»

Wer den Schaden hat, braucht auch in Corona-Zeiten für den Spott nicht zu sorgen. Das gilt derzeit vor allem für die Stadt Stuttgart, die sich nicht zu einem Verbot des Protests am Karsamstag durchringen konnte, auch wenn sie nun frühzeitig angekündigt hat, die beiden kommenden Demonstrationen (17. April) zu untersagen. In Heilbronn und Rastatt sind die Gegner der Corona-Politik an diesem Wochenende ebenfalls nicht erwünscht. Die Verwaltungen beriefen sich auf die Infektionsgefahr und die schlechten Erfahrungen mit den Veranstaltern.

Bei ihrem Verbot hatten die Verantwortlichen in den Rathäusern ganz bestimmt die Bilder vom Osterwochenende in Stuttgart vor Augen: Tausende Menschen dicht an dicht, ohne Maske - mitten in der Corona-Pandemie. Daraufhin war ein Streit darüber entbrannt, ob solche Veranstaltungen verboten werden können. Am kommenden Montag müssen Innenminister Thomas Strobl (CDU), Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) und Stuttgarts OB Frank Nopper (CDU) den Landtagsabgeordneten im Innenausschuss Rede und Antwort stehen.

Strobl äußerte Verständnis für die Verbote. «Die Entscheidungen der Städte sind in der aktuellen Lage absolut nachvollziehbar», sagte er der dpa. Das gelte vor allem dann, wenn die Absichten der Veranstalter klar seien und es ihnen darum gehe, Auflagen, Hygienebestimmungen und den Infektionsschutz zu missachten und damit Gesundheit und Leben zu gefährden.

Der innenpolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Uli Sckerl, warf einem Teil der Gegner vor, systematisch Auflagen zum Infektionsschutz zu unterlaufen. «Ist das im Vorfeld absehbar, so wie in den vorliegenden Fällen, dann sollte die Versammlung verboten werden», sagte Sckerl. Das sei auch die klare Ansage, dass sich der Staat «nicht auf der Nase herumtanzen» lasse.

In Heilbronn hatten sich die «Querdenker» für diesen Samstag (10. April) angemeldet. Die Stadt verwies allerdings auf die fehlende Zusage des Veranstalters, Auflagen des Ordnungsamts wie die Maskenpflicht zu akzeptieren und durchzusetzen. «Auch Erfahrungen aus vergleichbaren Veranstaltungen landesweit begründen bei den Verantwortlichen Zweifel, dass die Auflagen umgesetzt werden.» Man befinde sich in einer sehr kritischen Phase der Pandemie mit hohen Inzidenzzahlen, sagte Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD). «Es wäre unverantwortlich, eine solche Veranstaltung ohne Abstand und Maskenpflicht durchführen zu lassen.»

In Öhringen (Hohenlohekreis) ist zwar eine kleine Demonstration am Sonntag (16.00 Uhr) genehmigt. Es handele sich aber um einen stabilen Kreis von 25 bis 30 Protestlern, der sich regelmäßig auf einem Parkplatz am Stadtrand trifft, Abstände einhält und Masken trägt, sagte ein Stadtsprecher.

Auch in Rastatt sind Gegner der Corona-Maßnahmen am Samstag nicht erwünscht. Von der als «Großdemo» mit rund 1000 Teilnehmern angekündigten Veranstaltung gehe eine erhebliche infektiologische Gefahr aus, erklärte das Landratsamt. Der Untertitel der Demonstration «Zeig dein Gesicht für die Grundrechte» impliziere, dass sich die Teilnehmer bewusst ohne Maske versammeln wollten. Das Gesundheitsamt habe das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit gegen den Infektionsschutz abgewogen, teilte die Behörde mit - und bekam für diese Prognose Rückendeckung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, das einen Eilantrag der Veranstalter gegen das Verbot am Abend ablehnte.

In Stuttgart hatte die Stadt dies zuvor noch anders entschieden. So waren am Karsamstag nach offiziellen Schätzungen bis zu 15 000 Menschen zusammengekommen. Zumindest auf absehbare Zeit dürfte sich das in der Landeshauptstadt nicht wiederholen: Zwei weitere, von Gegnern der Auflagen angemeldete Demos würden untersagt, teilte die Stadt mit. Die Veranstalter sollten demnächst entsprechende Bescheide erhalten. Sie hätten sich als unzuverlässig im Sinne des Versammlungsrechts erwiesen, begründete Oberbürgermeister Nopper die Entscheidung.

Er hatte zuvor die Erlaubnis für die Demonstration am vergangenen Samstag wiederholt verteidigt und auf das Versammlungsrecht verwiesen, das trotz Corona gelte. Das Landessozialministerium hatte hingegen schon vorab auf ein Verbot gedrungen. Aus Sicht der Behörde und von Rechtsexperten hätte die Veranstaltung in der Pandemie untersagt werden können. Beobachter zeigten angesichts der Bilder vom Cannstatter Wasen Unverständnis.

Die Demo am vergangenen Samstag hatten Vertreter der «Querdenken»-Bewegung angemeldet. Sie kritisieren die Politik zum Eindämmen der Corona-Pandemie und bewerten die Maßnahmen als Einschränkung der Grundrechte. Weder von der Initiative «Es reicht uns», die einen der beiden untersagten Proteste angemeldet hatte, noch von den «Querdenkern» gab es bislang eine Stellungnahme zu dem Verbot.

© dpa-infocom, dpa:210409-99-140307/4

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