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Zu viel Geld für Tanz und Tenöre? Kritik an Opernplänen

Opernhaus in Stuttgart
Der Zuschauerraum der Stuttgarter Oper. Foto: Bernd Weissbrod/dpa
Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Und sie sind so hoch, dass sich vor allem in der Opposition Kritik breit macht an der geplanten Sanierung der Oper. Andere dagegen loben die vorsichtige Planung. Aber ginge es nicht auch preiswerter - und dennoch gut genug?
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Kaum liegt nach jahrelangem Ringen der Vorschlag für die dringend notwendige Opernsanierung in Stuttgart auf dem Tisch, werden die Stimmen der Kritiker lauter. Zu teuer, zu undemokratisch und alles andere als nachhaltig, bemängelten die Landtagsopposition und eine Bürgerinitiative am Mittwoch die Kalkulation. Stadt und Land hatten ihre Pläne dem Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater am Vorabend präsentiert. Erste Stimmen fordern nun eine Bürgerbefragung.

Nach den Plänen wird die Sanierung mit möglicherweise mehr als einer Milliarde Euro Baukosten teurer als zunächst geschätzt, außerdem soll sie etwas später beginnen als geplant. Dafür beinhalte die laut Finanzministerium «grobe Kalkulation» eine Art Risikopuffer für die zu erwartenden Preissteigerungen in der Baukonjunktur und sei damit seriöser als andere Schätzungen. So argumentierte Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne), die dem Verwaltungsrat vorsitzt.

Sie drückt angesichts der jahrelangen Debatte und der anhaltend steigenden Preise in der Baubranche aufs Tempo: «Die Zeit ist reif, in die Umsetzung dieses Jahrhundertprojekts zu gehen», sagte sie am Mittwoch. «Wir wollen, dass der Zug Fahrt aufnimmt.»

Für die SPD kritisierte deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Martin Rivoir, in anderen Städten seien für deutlich weniger Geld neue Opernhäuser gebaut worden. «Es wird schwierig werden, eine solche Summe der Bürgerschaft glaubwürdig zu vermitteln», sagte er im Landtag. Die SPD-Landtagsfraktion habe angesichts der Summe «schwere Bauchschmerzen und Bedenken». Es sei zudem nie ernsthaft die Möglichkeit eines Neubaus geprüft worden.

Einem Opernneubau, der auch von der Initiative «Aufbruch Stuttgart» um TV-Moderator Wieland Backes vorgeschlagen worden war, hatte Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am Dienstagabend eine Absage erteilt: Die vorgeschlagenen Varianten seien nicht realisierbar und auch nicht günstiger - geprüft worden seien sie aber sehr wohl.

Die CDU will einen Neubau aber noch nicht ausschließen. Die kulturpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Julia Philippi, sagte: «Alle Alternativen einschließlich einer Neubaualternative müssen neben der notwendigen Sanierung klug und in Ruhe nach dem Stadtrat auch im Landtag diskutiert werden. Hier gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit.»

«Diese Zahlen sind ohne Zweifel hoch», räumte Kunststaatssekretärin Petra Olschowski im Landtag ein. Ungeachtet dessen, ob saniert oder neu gebaut werde, kämen aber bei ähnlichen Bauvorhaben überall auf der Welt Summen von 700, 800 oder 900 Millionen Euro zusammen.

«Aufbruch Stuttgart» kritisierte den Prozess als «eine Entscheidung an den Bürgern vorbei - und dies bei einem der wichtigsten und teuersten Großprojekte der letzten Jahre». Ohne eine Offenheit für mögliche Alternativen werde die Opernsanierung nicht gelingen, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative, die vehement den Bau einer weiteren Spielstätte und eine weniger umfangreiche Sanierung gefordert hatte. Backes schlägt angesichts der «unanständig hohen Kosten» eine Bürgerbefragung vor.

Das fordert auch der Bund der Steuerzahler. «Dieser Weg hat beim Thema Stuttgart 21 zu einer Befriedung geführt», sagte Zenon Bilaniuk, Landeschef des Vereins. Nach seiner Ansicht ist keineswegs sicher, ob es bei den kalkulierten Kosten bleibe. «Angesichts der horrenden Zahlen sollte eigentlich der Grundsatz herrschen, dass nicht alles, was wünschenswert, auch finanziell realisierbar ist.»

Nach der Kostenschätzung, die auch im Verwaltungsrat kontrovers diskutiert worden sein soll, könnten die Bauarbeiten fünf bis sieben Jahre dauern und nicht vor 2025 beginnen. Sanierung und Erweiterung des gut 100 Jahre alten Opernhauses sollen sich inklusive kalkulierter Baupreissteigerung auf 740 bis 960 Millionen Euro belaufen. Dazu kommen Kosten für ein Interimsgebäude, in das die Künstler während der Bauzeit ausweichen sollen.

Entscheiden müssen letztlich Gemeinderat und Landtag. Denn die Kosten müssten sich Stadt und Land als Träger der Staatstheater jeweils zur Hälfte teilen. Zuvor will sich der Verwaltungsrat im März 2020 nochmals intensiv mit den Baufragen befassen.

Das Opernhaus nahe der Mammutbaustelle Stuttgart 21 muss generalsaniert werden. Unter anderem soll eine moderne sogenannte Kreuzbühne schnellere und einfachere Bühnenbildwechsel möglich machen. Außerdem wird mehr Platz zum Beispiel für Proberäume benötigt, das Dach aus dem Jahr 1911 ist marode und die Gastronomie nicht mehr zeitgemäß.

Pressemitteilung Wissenschaftsministerium

Bund der Steuerzahler