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Tarifkonfklikt
Angebotsaufschlag soll weiteren Streik bei Bahn verhindern

Lokführer-Streik
Die GDL hat in dieser Tarifrunde bislang dreimal gestreikt und dabei neben Pendlern auch viele Urlaubsreisende getroffen. Foto: Michael Matthey/dpa
Die Ferienzeit geht zu Ende, doch Millionen Menschen sind weiter auf das Zugfahren angewiesen. Ein weiterer Streik ist möglich. Doch es könnte auch anders kommen.

Berlin (dpa) - «Verhandlungsfähig» oder nicht - von dem einen Wort hängt für Bahn-Fahrgäste Vieles ab. Die Deutsche Bahn hat ihr Angebot an die Lokführergewerkschaft GDL nachgebessert.

Findet die GDL das Angebot verhandlungsfähig, könnte sie zu Gesprächen zurückkehren. Falls nicht, will sie an diesem Montag damit beginnen, einen weiteren Streik vorzubereiten. Bis zum Nachmittag blieb offen, wie die Gewerkschaft entscheidet.

Die GDL hat in dieser Tarifrunde bislang dreimal gestreikt und dabei neben Pendlern auch viele Urlaubsreisende getroffen. Auch im Güterverkehr gab es Behinderungen. In der kommenden Woche beginnt nun auch in Bayern und Baden-Württemberg die Schule. Die Urlaubshochsaison ist zu Ende.

Die Bahn teilte am Samstag mit, der Arbeitnehmerseite mit einer zusätzlichen «Entgeltkomponente» einen großen Schritt entgegen zu kommen. Details veröffentlichte sie nicht. Die Gewerkschaft unter Führung ihres Vorsitzenden Claus Weselsky kündigte lediglich an, die Offerte zu prüfen und bekräftigte am Sonntag, «zu gegebener Zeit» über weitere Schritte zu informieren.

Aus Sicht der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) dürfte sich der Tarifkonflikt beruhigen. «Ich rechne damit, dass Anfang dieser Woche die Verhandlungen beginnen und dass sie diese Woche abgeschlossen werden», sagte der Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel der «Stuttgarter Zeitung» und der «Stuttgarter Nachrichten» (Montag). Die beiden Gewerkschaften stehen allerdings in einem scharfen Konkurrenzkampf.

Die GDL fordert 3,2 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von 28 Monaten sowie eine Corona-Prämie von 600 Euro. Die Bahn will die Tariferhöhung über einen längeren Zeitraum strecken und bietet eine Laufzeit von 36 Monaten an. Zudem bietet sie eine Corona-Prämie je nach Lohngruppe von 600 oder 400 Euro.

Die Entgeltkomponente soll darüber hinaus gezahlt werden. Wie hoch sie sein und wie sie gezahlt werden soll, gab das Unternehmen nicht bekannt. Bahn-Personalvorstand Martin Seiler forderte erneut Verhandlungen. «Es liegen tragfähige Lösungen auf dem Tisch.»

Immer wieder wird der Lokführergewerkschaft vorgeworfen, mit ihren Streiks wolle sie vor allem ihren Einflussbereich ausdehnen. Das sieht auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger so. «Die GDL ringt um die Vorreiterstellung in einem großen Unternehmen und legt dafür das ganze Land lahm», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er fordert eine Änderung am Streikrecht. «Gerade im Bereich der Infrastruktur sollte der Staat sensibler darüber nachdenken, wie man Abkühlungsphasen organisieren kann.»

Ein Knackpunkt im Tarifkonflikt ist die Frage, für wen die neuen Verträge gelten sollen. Die GDL will nicht nur Lokführer und Zugbegleiter vertreten, sondern auch Rahmentarifverträge für Beschäftigte in den Werkstätten und in der Infrastruktur sowie für Auszubildende schließen. Die Bahn erklärte sich nun bereit, den Anwendungsbereich der GDL-Tarifregelungen in den heutigen GDL-Mehrheitsbetrieben zu überprüfen.

Ob das der GDL für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch reicht, ist unklar. Weselsky hatte argumentiert, seine Gewerkschaft habe Tausende neue Mitglieder auch in anderen Bahn-Berufen wie in der Verwaltung. Diese hätten ein Recht auf einen Tarifvertrag, was ihnen die Bahn verweigere.

Hintergrund des Streits ist das Tarifeinheitsgesetz. Dieses sieht vor, dass in einem Betrieb mit mehreren Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet wird. Aus Sicht des Konzerns ist das in einem Großteil der rund 300 Bahn-Unternehmen die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Die GDL zweifelt das teilweise an und sucht eine Klärung vor Gericht.

Käme es noch einmal zum Streik, wäre auch eine besondere Aktion der Verkehrsunternehmen betroffen. Wer ein Nahverkehrsabo besitzt, kann damit von Montag an für zwei Wochen bundesweit nahezu alle Nahverkehrsangebote ohne Zusatzkosten nutzen. Damit bedanken sich die Verkehrsunternehmen bei denjenigen, die auch während der Pandemie Bus und Bahn als Stammkunden die Treue halten. Wer das Angebot nutzen will, muss sich vorher online registrieren.

© dpa-infocom, dpa:210912-99-188522/2