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Wichtigste Märkte schwächeln
Angeschlagene Autobranche sucht auf IAA Wege in die Zukunft

Autohandel
Der Schriftzug «Abverkauf» auf einem Toyota Auris Kombi: Anders als in den Vorjahren können deutsche Autokäufer vor der IAA in Frankfurt nicht auf besonders hohe Preisnachlässe hoffen. Foto: Jan Woitas
Die Autobauer und ihre Zulieferer kämpfen mit einer globalen Nachfrageflaute. Auf der kommenden IAA werden gleichzeitig die großen Anforderungen für den technologischen Wandel sichtbar.

Frankfurt/Main (dpa) - Der Druck auf die Automobilhersteller steigt. Die Umstellung auf Elektroantriebe müsse schneller vorangehen als bislang, wenn die EU-Klimaziele noch eingehalten werden sollen, meinen unter anderem die Autoren einer neuen Studie der Commerzbank.

Aus ihrer Sicht sind mögliche CO2-Strafzahlungen der aktuell wichtigste Risikofaktor für die Industrie, die außerdem Nachhaltigkeitswünsche ihrer Kundschaft bedienen müsse. «Hersteller müssen handeln, um nicht die Hälfte ihrer Gewinne durch EU-Geldstrafen zu verlieren», sagt der Branchenexperte der Commerzbank, Cedric Perlewitz.

«Der Automobilstandort Deutschland mit seiner hohen Exportquote steht vor erheblichen Herausforderungen», erklärte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, im Vorfeld der IAA, die am kommenden Donnerstag (12. September) in Frankfurt zunächst für die Fachbesucher öffnet.

Mit rund 800 Ausstellern auf 168.000 Quadratmetern Fläche fällt die 39. Ausgabe der Autoschau deutlich kleiner aus als vor zwei Jahren, als noch 994 Aussteller das komplette Frankfurter Messegelände mit mehr als 200.000 Quadratmetern bespielten.

Von den wichtigen Märkten China, USA und Europa gehen derzeit keine belebenden Impulse aus, sind sich Verband und Commerzbank vor der Messe einig. Global wird für 2019 ein Nachfragerückgang von 4 Prozent auf noch 81 Millionen Neuwagen erwartet.

Die unmittelbaren Folgen sind beispielsweise beim fränkischen Zulieferer Schaeffler zu besichtigen, bei dem zum September hunderte Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen. «Bis auf Weiteres» müssen beispielsweise 250 von rund 500 Mitarbeiter im Sondermaschinenbau Frauenaurach nur noch 75 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit leisten. Für den ausbleibenden Lohn gibt es Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur.

Schaeffler leidet wie die Konkurrenten Bosch, Continental oder ZF unter dem allgemeinen Produktionsrückgang und dem schnellen technologischen Wandel vom Verbrennermotor zu alternativen Antrieben. Schon im März hatte das Unternehmen einen Krisenplan vorgestellt, der unter anderem die Möglichkeit von Kurzarbeit sowie zusätzliche Schließtage an Brückentagen vorsieht. Auch hatte Schaeffler angekündigt, 700 Stellen in Deutschland abzubauen. Der Konzern beschäftigt weltweit mehr als 90.000 Mitarbeiter bei einem Umsatz von 14,2 Milliarden Euro (2018).

Auf der IAA zeigt Schaeffler erstmals eigene Elektromotoren in diversen Leistungsklassen, die nun in die Großserienproduktion gehen. Mit speziellen Hybridgetrieben zielt man auf die Übergangstechnologie kombinierter Verbrenner- und Elektromotoren und zeigt auch einen autonom fahrenden Kleinbus als Forschungsplattform.

Die Commerzbank-Experten bescheinigen den Zulieferern trotz der aktuellen Probleme gute Marktchancen: «Die neuen Technologien brechen das traditionelle Machtverhältnis zwischen Herstellern und Zulieferern auf», sagt Perlewitz.

30 Automarken haben die Frankfurter Schau aus Kostengründen abgesagt, doch laut VDA-Chef Mattes hat sich die Funktion der IAA längst geändert. «Es ist nicht mehr entscheidend, alles zu präsentieren, sondern die richtigen Anstöße zu geben und alle Akteure der Branche zusammenzubringen.» Die IAA sei trotz zahlreicher Herstellerabsagen «das wichtigste Leitevent der Mobilität der Zukunft».

Auf den Ständen werden die Elektroautos nach vorne geschoben, auf abgespeckten Flächen eher die Vorzüge innovativer Entertainment-Systeme oder der Technik zum autonomen Fahren in den Vordergrund gestellt. Und es wird viel geredet: Mehr als 200 Referenten hat der VDA für den Kongressteil der IAA gewonnen, darunter die Chefs von IBM und Daimler. Auch mit dezidierten Autokritikern, die zu Demonstrationen gegen den autogemachten Klimawandel aufgerufen haben, will der Verband ins Gespräch kommen.

Mattes verlangte eine nationale Industriestrategie in Deutschland mit geringeren Energieabgaben, niedrigeren Unternehmenssteuern und abgesenkten Sozialabgaben. Er erneuerte die VDA-Forderung nach einem schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur, um die Kunden von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen zu überzeugen. Man wolle mit der Bundesregierung einen «Masterplan» für den Ausbau der Stromtankstellen erarbeiten. Das bisherige Netz reiche nicht aus. Nötig seien eine Million Ladepunkte im öffentlichen Raum, zusätzlich 100.000 Schnellladepunkte und mehrere Millionen private Ladepunkte.

Auf besonders hohe Preisnachlässe zur IAA sollten die Autokäufer nicht hoffen. Wollten die Hersteller in den Vorjahren noch mit steigenden Absatzzahlen als Gewinnermarken glänzen, stecken die Rabatte in diesem Jahr im Sommerloch, wie eine Studie des CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen zeigt.