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Sorge vor Unfällen
Autoclubs fordern wegen E-Tretrollern breitere Radwege

Elektro-Tretroller
Ein Radfahrer weicht auf einem Radweg einem umgekippten E-Tretroller aus. Foto: Steffen Trumpf
Gerade für kurze Wege können E-Tretroller praktisch sein: Seit kurzem sind Menschen damit auf den Straßen unterwegs. Doch es gibt auch Gefahren - für die Autoclubs Lösungen sehen.

Berlin (dpa) - Nach mehreren Unfällen mit Elektro-Tretrollern fordern die Autoclubs ADAC und ACE mehr und breitere Radwege. «Auto- und Radfahrer leiden schon länger unter den vorhandenen Engpässen in der Verkehrsinfrastruktur», sagte eine ADAC-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

«Mit den neuen Verkehrsteilnehmern verstärkt sich das Problem», so die Sprecherin.

Mehrere Verleiher bieten seit rund zwei Wochen Tretroller mit Elektroantrieb - auch E-Scooter genannt - an. Fahrer müssen Fahrradwege nutzen oder Straßen, wenn es keine Fahrradwege gibt. Gehwege sind für sie tabu.

Seit der Zulassung Mitte Juni hat es mehrere E-Scooter-Unfälle mit Knochenbrüchen gegeben. In Berlin etwa ist eine Fahrerin nach einem Sturz von einem Kleintransporter überrollt worden. Eine Touristin knallte mit ihrem E-Tretroller in einen Lastwagen. Und in Düsseldorf prallte ein E-Scooter-Fahrer mit einer Radfahrerin zusammen. Aus anderen Ländern sind sogar Unfälle mit Toten bekannt.

Internationale Studien und Daten weisen auf ein hohes Verletzungsrisiko hin, wie Christopher Spering von der Klinik für Unfallchirurgie der Universitätsmedizin Göttingen sagte.

In den USA etwa, wo E-Tretroller schon länger zugelassen sind, hatten Forscher Anfang des Jahres Daten aus Notfallambulanzen von zwei Kliniken in Südkalifornien ausgewertet: Demnach kamen in den beiden Kliniken innerhalb von einem Jahr 249 Patienten nach einem E-Scooter-Unfall in die Notaufnahme. Die meisten waren als Fahrer verunglückt. Die häufigsten Verletzungen waren Kopfverletzungen, gefolgt von Knochenbrüchen, Prellungen, Stauchungen und Platzwunden. 15 Patienten mussten stationär behandelt werden, zwei kamen mit schweren Kopfverletzungen auf die Intensivstation.

Was E-Scooter im Vergleich etwa zum Fahrrad besonders macht, ist unter anderem die Position des Fahrers, wie Spering erklärte. Der Fahrer stehe aufrecht auf einem kurzen Brett und habe nur einen kleinen Lenker zum Festhalten. Diese relativ wacklige Position des Fahrers sieht Spering als Hauptrisiko für einen Unfall. Hinzu kommt: Der Fahrer könne Richtungswechsel nicht anzeigen, da einhändiges Fahren nicht möglich sei. Das erschwere es anderen Verkehrsteilnehmern, das Fahrverhalten einzuschätzen. Auch Bremsvorgänge und Beschleunigungen seien nicht ersichtlich - und dies alles auf vollen Straßen und Wegen.

Das Berliner Verleihunternehmen Tier teilte auf Anfrage mit, bisher noch keine ausreichenden Daten zu Unfällen mit E-Tretrollern zu haben. Man wolle die Entwicklung weiter beobachten. Als Anbieter trage man eine große Verantwortung für die Sicherheit, etwa mit regelmäßigen Wartungen der Flotte. Im übrigen sei verringerter Autoverkehr «der wohl größte Treiber für mehr Sicherheit auf den Straßen». Ob jedoch mehr Menschen auf das Auto verzichten, weil es inzwischen Rollerangebote gibt, ist umstritten.

Für die Sprecherinnen der beiden Auto-Clubs ist klar: Auto- und Radfahrer müssen sich erst einmal an die neuen Verkehrsteilnehmer gewöhnen. «Für Autofahrer ist es noch schwierig, ihre Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen», sagte die ACE-Sprecherin. Mit ihren kleinen Rollen können E-Tretroller bis zu 20 Kilometer pro Stunde fahren.

Die ADAC-Sprecherin rät neuen E-Scooter-Fahrern zudem, zunächst auf einem Privatgrundstück zu üben und einen Helm zu tragen. Ein Helm ist jedoch eigentlich nicht vorgeschrieben. Auch einen Führerschein oder eine Mofa-Prüfbescheinigung braucht man nicht, um mit einem E-Scooter loszudüsen. Fahrer müssen nur mindestens 14 Jahre alt sein.

Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer (UDV) rechnet vor allem in den ersten Monaten mit vielen Unfällen - auch nach eigenen Testfahrten mit einem E-Scooter. «Man glaubt ziemlich schnell, dass man sicher unterwegs ist.» Allerdings fehlten Erfahrungen im Verkehr - etwa wie der Roller reagiere, wenn plötzlich Fußgänger auftauchten und man schnell ausweichen müsse. Zudem wolle man rasch die Geschwindigkeit austesten.