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Krise an griechischer Grenze
Baerbock: Flüchtlingsunterkünfte wieder aktivieren

Geflüchtete
Flüchtlinge stehen im Spätsommer 2015 in einer Flüchtlingsunterkunft in Hamburg hinter einem Zaun. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa
Die Eskalation im syrischen Idlib verschärft das Flüchtlingsdrama in der Region. Präsident Erdogan droht, den damit auch in der Türkei entstehenden Druck weiterzugeben - und die EU ringt um eine Antwort.

Berlin (dpa) - Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat eine
Kontingentlösung zur Aufnahme von Migranten von der türkisch-griechischen Grenze vorgeschlagen, an der sich auch
Deutschland beteiligen soll.

Die EU sei in der Pflicht, Griechenland bei der Bewältigung der Lage mit allen Mitteln zu unterstützen – finanziell, personell, mit Hilfsgütern und Material, forderte Baerbock in der «Welt». «Wir können nicht weiter so tun, als ginge uns das nichts an.»

Konkret gelte es, unter Hochdruck Erstaufnahmeeinrichtungen an den EU-Außengrenzen aufzubauen. «Dort müssen Flüchtlinge, die über die Grenze gelangen, schnell registriert, einer Sicherheitsprüfung und einem Datenabgleich unterzogen werden. Selbstverständlich müssen wir wissen, wer zu uns kommt», argumentierte Baerbock.

«Dann sollten Kontingente von Flüchtlingen so schnell es geht in der EU verteilt werden, um dort die Asylverfahren durchzuführen.» Wenn nicht alle mitmachten, müssten einige vorangehen und dafür finanzielle Hilfe erhalten. «Deutschland sollte vorausschauend seine eigenen Kapazitäten an Flüchtlingsunterkünften wieder aktivieren.»

Im Nachrichtenportal t-online.de forderte die Grünen-Chefin neben sofortiger Hilfe für die Menschen in der syrischen Region Idlib stärkeren Druck auf Russland. «Ohne die Bereitschaft zu individuellen Sanktionen läuft ... jeder Druck gegen Russland ins Leere.» Sie mahnte, die EU und besonders Kanzlerin Angela Merkel sowie der französische Präsident Emmanuel Macron müssten alles tun, dass es zu einer Vierer-Syrienkonferenz mit Erdogan und Kremlchef Wladimir Putin komme. In Idlib müsse sofort ein humanitärer Korridor zum Schutz der Flüchtlinge geschaffen werden. Merkel zeigte wiederholt Bereitschaft zu einem solchen Treffen.

Angesichts des neuen Flüchtlingsdramas in der Türkei und in Syrien hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) eine entschlossenere Politik der EU sowie mehr Druck auf Syrien und seine Schutzmacht Russland gefordert. Man müsse «ehrlich zugeben, dass wir als Europäer bisher noch zu wenig getan haben», sagte Kramp-Karrenbauer der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Sie wolle die Handlungsfähigkeit Europas für die Zukunft unbedingt stärken. «Die EU und die USA sollten jetzt gemeinsam den Druck auf Assad und Putin erhöhen, um einen Weg für politische Gespräche zur Beendigung des furchtbaren Krieges in Syrien freizumachen.»

Der Konflikt zwischen der syrischen Regierung und Russlands auf der einen Seite sowie der Türkei auf der anderen war am Donnerstag eskaliert, nachdem bei einem Luftangriff in Idlib 33 türkische Soldaten getötet wurden. Die Eskalation verschärft auch die Flüchtlingskrise in dem Land, viele syrische Flüchtlinge stehen den Angaben zufolge an der Grenze zur Türkei, die bereits mehr als 3,6 Millionen Syrer aufgenommen hat.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Samstag die Grenzen für Migranten für offen erklärt. Bis Sonntagmorgen habe sein Land mehr als 75 000 Migranten die türkische Grenze Richtung EU passieren lassen. Die Türkei grenzt an Griechenland und Bulgarien. Griechenland wehrte eigenen Angaben zufolge tausende illegale Grenzübertritte ab.

Im Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, die Bundesregierung gehe davon aus und erwarte, dass das EU-Türkei-Abkommen eingehalten werde. Sie steht dazu mit allen Beteiligten im Kontakt.

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland argumentierte: «Das zynische Erpressungsmanöver des türkischen Staatschefs Erdogan bestätigt alle unsere Warnungen. Der sogenannte "Türkei-Deal" der Bundeskanzlerin ist nicht nur tot, er war von Anfang an ein verhängnisvoller politischer Fehler.» Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssten ihre Grenzen daher selbst schützen und Griechenland «jede mögliche Unterstützung bei der Zurückweisung und Rückführung von Grenzverletzern und illegalen Migranten zukommen lassen». Deutschland solle sich zudem auf eine Schließung seiner Grenzen vorbereiten.

Hessens Europaministerin Lucia Puttrich (CDU) mahnte angesichts der Lage an der griechisch-türkischen Grenze einen schnellen Frontex-Einsatz an, den Deutschland unterstützen sollte. «Wir haben ein immenses Interesse an einer Lösung, denn das Ziel vieler Flüchtlinge ist Deutschland», erklärte sie am Sonntag. «Ein zweites 2015 darf es nicht geben.»