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Aber noch «weite Reise»
Bahn-Chef Lutz sieht Fortschritte: Züge werden pünktlicher

Richard Lutz
Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG. Foto: Christoph Schmidt/dpa
Die Bundesregierung will die Bahn mit zusätzlichen Milliarden stärken, auch um Klimaziele zu erreichen. Der Verkehrsminister pocht auf Ergebnisse. Bahnchef Lutz sollte bis Donnerstag Maßnahmen vorweisen.

Berlin (dpa) - Zugverspätungen, Engpässe im Netz, marode Strecken, Kritik am Service: Bei der Deutschen Bahn gibt es viele Probleme.

Bahnchef Richard Lutz sieht den bundeseigenen Konzern bei den angestrebten Verbesserungen aber auf einem guten Weg - auch wenn das Unternehmen bei langfristigen Zielen noch eine «weite Reise» vor sich habe. Das schreibt Lutz in einem Brief an Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die Züge seien pünktlicher geworden, außerdem werde die Bahn 2019 mehr Personal einstellen als geplant. Der Fahrplan soll ausgeweitet werden. Auf wichtigen Strecken sollen mehr Züge verkehren. Um Ziele zu erreichen, will die Bahn 2020 bis 2023 geringere Gewinne in Kauf nehmen. Ein Sorgenkind bleibt dem Brief zufolge die Gütersparte.

Scheuer sagte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch, die Antwort des Bahn-Chefs habe alle in den vergangenen Monaten innerhalb der Koalition diskutierten Themenfelder aufgegriffen. «Ein «Weiter so» dürfe und werde es nicht geben», habe Lutz selbst in seinem Brief versichert. «Auf dieser Basis führen wir vertiefte Gespräche, um strukturelle Veränderungen zu erreichen. Unser Ziel ist, dass die Bahn zukunftsfähig bleibt.»

Der Minister hatte Lutz im Oktober in einem Brief aufgefordert, es seien weitreichende Veränderungen bei der Bahn notwendig. Ein «Weiter so» dürfe es nicht geben, der Konzern müsse seine Probleme schneller und effizienter lösen. Lutz solle bis zu diesem Donnerstag Maßnahmen unter anderem gegen Zugverspätungen und -ausfälle sowie Personalmangel vorweisen.

Am Donnerstag tagt der Haushaltsausschuss des Bundestags zum Etat 2020 und entscheidet auch über zusätzliche Milliarden des Bundes zur Sanierung des zum Teil maroden Schienennetzes. Zu einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses am Freitag wird auch Scheuer erwartet.

In dem Antwortbrief schreibt Lutz, der Konzern habe mit einer «Agenda für eine bessere Bahn» sowie einer neuen Strategie «Starke Schiene» Konzepte vorgelegt und Umsetzungen auf den Weg gebracht. Es seien in fast allen Bereichen Fortschritte erzielt und Verbesserungen erreicht worden. Scheuer und Lutz hatten sich über die Probleme in mehreren Krisentreffen ausgetauscht.

Um die dringend notwendige Verkehrsverlagerung zu erreichen, müsse massiv in die Schiene investiert werden, so Lutz. Dies gelte sowohl für Infrastruktur als auch für Werkstätten und Personal. Von geplanten 22.000 Einstellungen in diesem Jahr seien aktuell bereits mehr als 20.000 neue Mitarbeiter rekrutiert. Bis Jahresende erwarte die Bahn 24.000 Einstellungen - mehr als geplant.

Außerdem sollten Werke ausgebaut werden, in Süddeutschland solle ein neues ICE-Werk errichtet werden. Die Fahrzeugflotte solle modernisiert werden. Die Bahn hatte bereits Milliardeninvestitionen in neue Züge bekanntgegeben. Bis Ende 2024 sollten 137 Züge der Baureihe ICE 4 beschafft werden.

Der Fahrplan solle im kommenden Jahr deutlich ausgeweitet werden. So würden auf den Verbindungen Berlin-München, Berlin-Frankfurt und Hamburg-Köln drei Züge in zwei Stunden verkehren. Damit wolle die Bahn einen weiteren Schritt auf dem Weg gehen, einen Halb-Stundentakt zwischen großen Metropolen einzuführen.

Aktuell gebe es 285 ICE-Züge im Bestand - dieser werde bis 2024 auf mehr als 400 ICE-Züge erweitert werden. Störanfälligkeiten von Fahrzeugen und Netz sollten verringert, das Erscheinungsbild der Bahnhöfe und der Komfort verbessert werden. Die richtige Information über Gleiswechsel und Wagenreihung habe sich durch eine «Prozessoptimierung» gerade beim ICE deutlich verbessert - gerade eine andere Wagenreihung sorgt für Ärger bei Bahnkunden.

Zur Pünktlichkeit heißt es im Schreiben, die Werte im Fern-, Nah- und Güterverkehr lägen per September über den Werten des Vorjahres. Die Maßnahmen der Bahn wirkten. Die vergangenen Monate aber hätten gezeigt, dass bei immer mehr Verkehr auf einer baustellenbedingt immer knapperen Infrastruktur und weiter steigenden externen Witterungseinflüssen wie der Hitze im Sommer das Erreichen der Pünktlichkeitsziele anspruchsvoll bleibe.

Das Pünktlichkeitsziel für dieses Jahr liegt bei 76,5 Prozent. Im vergangenen Jahr waren wegen Staus im Schienennetz und Mängeln an Fahrzeugen statt der angestrebten 82 Prozent nur 74,9 Prozent der ICE und Intercity pünktlich gekommen - was nach Bahndefinition heißt, dass sie weniger als sechs Minuten nach Fahrplan im Bahnhof eintrafen.

Lutz schrieb zudem, die Bahn werde trotz des derzeit «schwierigen Marktumfelds» für einen Verkauf der Auslandsverkehrstochter Arriva die vorgeschriebene Obergrenze der Nettofinanzschulden von 25,4 Milliarden Euro einhalten. Die Bahn hatte vor kurzem den geplanten milliardenschweren Arriva-Verkauf vorerst gestoppt.

Zur kriselnden Gütersparte schrieb Lutz, die Bahn wolle DB Cargo «stabilisieren» und auf mehr Verkehr ausrichten. So seien mehr Mitarbeiter, eine bessere Qualität und Investitionen geplant. «Zur Wahrheit» gehöre allerdings, dass bei DB Cargo eine weitere Ergebnisverschlechterung abzusehen sei.

Mit Blick auf die komplexe Struktur der Bahn schrieb Lutz, der Vorstand sehe den «primären Hebel für eine schlanke und schlagkräftige Organisation» weniger in einer weiteren Straffung der Beteiligungsstruktur - als vielmehr in einer «kundenorientierten Ausrichtung» von Prozessen und Strukturen.