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Strom to go
Batterieforscher ebnen Weg in elektrische Zukunft

Chemie-Nobelpreis an drei Batterieforscher
Goran K. Hansson (M) Generalsekretär der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften, und die Akademiemitglieder, Sara Snogerup Linse (l) und Olof Ramstrom verkünden die Gewinner des Chemie-Nobelpreises 2019, die auf der Leinwand gezeigt werden, John B. Goodenough (l-r), M. Stanley Whittingham und Akira Yoshino. Foto: Naina Helen Jama/TT News Agency/AP/dpa
Lithium-Ionen-Batterien machen heutige Smartphones, Laptops und Elektroautos erst möglich. Doch auch wenn die Väter dieser Technologie nun den Nobelpreis für Chemie bekommen: Die Zukunft beim Speichern von Energie könnte woanders liegen.

Stockholm/Berlin (dpa) - Noch ist die Zahl der Elektroautos auf deutschen Straßen recht übersichtlich. Ob es künftig deutlich mehr sein werden, hängt maßgeblich von Leistung und Speicherkapazität der verbauten Batterien ab.

Fast alle E-Fahrzeuge werden heute mit Lithium-Ionen-Batterien betrieben - drei Forscher bekommen für ihre wegweisenden Arbeiten dazu den Nobelpreis für Chemie. Stanley Whittingham (USA/Großbritannien) entwickelte die erste wiederaufladbare Lithium-Batterie. John Goodenough (USA) machte diese Batterie-Art wesentlich leistungsstärker. Und Akira Yoshino (Japan) schuf 1985 das erste kommerziell verwertbare Produkt.

Die Ursprünge der Lithium-Ionen-Batterien liegen in der 70er Jahren, als Forscher und Unternehmen nach Technologien suchten, die vom teurer werdenden Öl unabhängig machen sollten. In den letzten drei Jahrzehnten führten die kompakten Energiespeicher zu einer technischen Revolution: Sie sind essenziell für unzählige Geräte wie Smartphones und Laptops.

Auch die E-Mobilität ist ohne sie undenkbar. Im vergangenen Jahr lag der Bestand an Elektro-Pkw laut Kraftfahrt-Bundesamt zwar erst bei rund 83 000 Stück. Doch der Umbruch vom Verbrennungsmotor zur Elektromobilität ist im Gange. Herkömmliche Lithium-Batteriezellen, in denen geladene Teilchen (Ionen) die Elektrizität transportieren, sind dabei nach wie vor die tragende Technologie. Weil E-Antriebe mit einer hinreichend hohen Reichweite bisher noch relativ teuer sind, forschen Autobauer und -zulieferer an leistungsfähigeren Akkusystemen.

Teure, technisch besonders ausgefeilte E-Autos kommen mittlerweile auf eine Reichweite von etwa 500 Kilometern, günstigere Modelle liegen deutlich darunter. Um ein komplett leeres E-Auto aufzuladen, können derzeit noch mehrere Stunden vergehen. Weiter entwickelte Systeme schaffen das mit Schnellladesäulen rascher - aber auch hier hängt vieles an der Qualität der verwendeten Batterie.

Derzeit dominieren Batteriezellen-Hersteller aus Südkorea (LG, Samsung) und China (CATL) den Weltmarkt. Die Autohersteller sind hochgradig abhängig von den Zellen, die sie zu vollständigen Batterien zusammenbauen. Deutschland spielt als Herstellerland bisher eine eher untergeordnete Rolle. Die Bundesregierung will die Forschung in der Batterietechnologie mit 500 Millionen Euro ankurbeln, um im weltweiten Wettbewerb mithalten zu können. So soll eine große Batterieforschungsfabrik in Münster entstehen.

Volkswagen hat vor kurzem beschlossen, Milliardeninvestitionen in die Hand zu nehmen, um die Lithium-Ionen-Technik in einer eigenen Pilotanlage im niedersächsischen Salzgitter weiterzuentwickeln. 2020 ist dort zusammen mit dem schwedischen Partner Northvolt außerdem der Bau einer Fabrik für Lithium-Ionen-Batterien geplant.

Je nach genutzten Materialien und Konzepten sollen Effizienzgewinne mit dieser klassischen Technik möglich sein. ««Die Energiemenge, die in einer Lithium-Ionen-Batterie gespeichert werden kann, kann um den Faktor 1,5 erhöht werden», sagt Stephano Passerini, Direktor am Batterieforschungszentrum Helmholtz-Institut Ulm (HIU). «Lithium-Ionen-Batterien sind noch für die kommenden 10 bis 15 Jahre die führende Technologie.»

Mittelfristig richtet sich die Wirtschaft aber schon auf die Feststoffbatterie ein. Hier kommt nicht das weiche Leichtmetall Lithium, sondern ein fester Träger wie eine Keramikverbindung zum Einsatz. Der Ladungstransport ist effizienter, die Brandgefahr wird als geringer eingeschätzt. Das System hat zudem eine höhere Energiedichte und soll ein schnelleres Aufladen erlauben – letzteres ist bisher ein Schwachpunkt klassischer Lithium-Ionen-Batterien.

Joachim Maier vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung setzt auf Natrium-basierte Batterien, weil es Natrium unbegrenzt und überall auf der Erde gebe. Allerdings sei das Forschungsfeld noch relativ jung.

Das Nobelpreis-Komitee preist Lithium-Ionen-Batterien als Grundlage für eine emissionsfreie Welt. Auch das Stromnetz wird immer mehr auf Energiespeicher angewiesen sein: Wind und Sonne liefern nicht immer gleich viel Energie - deshalb muss die Energie zwischengespeichert werden. «Hier werden noch etwa die nächsten zehn Jahre die Lithium-Ionen-Batterien vorherrschen», sagt der Leiter des Institutes für Theoretische Chemie in Ulm, Axel Groß. Allerdings soll es langfristig auch andere Lösungen geben.

Lithium-Ionen-Batterien haben indes nicht nur Vorteile. Noch ist der Bau der Batterien sehr energieaufwendig. Experte Maier sagt zudem: «Batterien haben den Vorteil, dass sie aufgeladen werden können. Allerdings ist der Strom aus der Batterie nur so grün wie derjenige, mit dem sie geladen wird.» Auch ist nicht ganz klar, ob die Lithium-Vorräte der Erde für den künftigen Bedarf an solchen Batterien ausreichen. Zudem kann der Lithium-Abbau zu großen Umweltschäden führen.

Dass die Forschung an Batterien noch nicht am Ende ist, weiß auch Nobelpreisträger Goodenough. Der 97-Jährige forscht trotz seines hohen Alters noch immer an der Universität von Texas. Sein Ziel: nachhaltigere und energieeffizientere Materialien für Batterien.