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Grundgesetz geändert
Bund will bei Digitalisierung der Schulen helfen

Im Unterricht
Eine Grundschülerin benutzt im Unterricht ein Tablet. Foto: Armin Weigel
Murks oder Erfolg politischer Vernunft? Bei den Großprojekten Grundgesetzänderung und Schuldigitalisierung gehen die Meinungen diametral auseinander. Ob sie wie geplant Anfang 2019 starten können, ist trotz Bundestagsbeschluss offen.

Berlin (dpa) - Die Digitalisierung von Deutschlands Schulen rückt näher: Der Bundestag hat am Donnerstag eine dafür vorgesehene Grundgesetzänderung beschlossen.

So soll der Bund anders als heute Milliardensummen in die Schulen und zusätzlich in Wohnungsbau und Nahverkehr investieren dürfen. Lediglich die AfD stimmte dagegen. Ob wie im Bundestag nun aber auch im Bundesrat die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht wird, ist völlig offen. Baden-Württemberg hatte angekündigt, mit Nein stimmen und dafür weitere Unterstützer suchen zu wollen.

Die Schulen sollen ab 2019 schrittweise mit Digitaltechnik wie Tablets und WLAN ausgestattet werden und diese pädagogisch sinnvoll einsetzen. Die Lehrerinnen und Lehrern sollen entsprechend weitergebildet werden. Dafür will der Bund ab Anfang 2019 in fünf Jahren fünf Milliarden Euro fließen lassen.

Gegen den Wohnungsmangel in vielen deutschen Städten soll der Bund zudem seine Finanzhilfe für den Wohnungsbau fortsetzen können, ab 2020 mit einer Milliarde Euro pro Jahr. Zudem soll künftig eine Milliarde pro Jahr für Ausbau und Vernetzung des Nahverkehrs gegen den drohenden Verkehrskollaps in vielen Städten fließen.

Im Bundestag hatte sich lediglich die AfD gegen die Grundgesetzänderung gewandt. Alle anderen Fraktionen waren dafür. 580 Abgeordnete stimmten für den Schritt, 87 dagegen, 3 enthielten sich.

DEBATTE IM BUNDESTAG:

Mehrere Redner riefen die Länder zur Zustimmung auf. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) appellierte an sie, «sich hier zusammenzuraufen». Die geplanten Schritte seien notwendig. So sei es etwa eine «nationale Aufgabe», den Nahverkehr auszubauen.

Der AfD-Bildungspolitiker Götz Frömming nannte die geplante Grundgesetzänderung einen «Frontalangriff auf die föderalen Strukturen unseren Staates». FDP-Fraktions- und Parteichef Christian Lindner hielt der der AfD deshalb entgegen, total altbacken zu sein. Die Linke-Haushaltspolitikerin Gesine Lötzsch sagte, ihre Fraktion werde zustimmen, weil eine Aufhebung des gültiges Verbots der Kooperation von Bund und Ländern in den Bereichen nötig sei. Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warb insbesondere für die geplante Digitalisierung der Schulen: «Der Bund kann jetzt in Köpfe, und nicht nur in Kabel und Beton investieren.»

DIGITALISIERUNG DER SCHULEN:

Dem Beschluss war eine Einigung der Koalition mit SPD und Grünen vorausgegangen. Diese beiden hatten durchgesetzt, dass der Bund auch in die Qualität der Schulen investieren können soll, also auch in Personal etwa bei der Weiterbildung von Lehrern und der Einstellung von Systemadministratoren. Digitalisierung bedeutet konkret zum Beispiel, dass ein Lehrer mit einem Tablet vor der Klasse steht, und die Schüler auch Tablets vor sich haben. Er klickt dann beispielsweise Bilder oder Texte an, die sofort auf allen dieser Tablets erscheinen - man diskutiert darüber, die Schüler können beispielsweise über bestimmte Fragen zu den Bildern oder Texten abstimmen. Innerhalb eines Moments kann das Umfrageergebnis anonym auf allen Bildschirmen angezeigt und dann darüber diskutiert werden.

Nach dem Entwurf für eine Bund-Länder-Vereinbarung für die Schuldigitalisierung sollen einzelne Schulen unter anderem jeweils 25 000 Euro für Laptops, Notebooks und Tablets erhalten können. Diese Vereinbarung soll am kommenden Donnerstag unterzeichnet werden. Geplant ist der Start der Schuldigitalisierung für Anfang 2019.

CHANCEN FÜR DAS PROJEKT:

Dass es komplett scheitert, wird in der Koalition nicht erwartet. Unklar ist, ob es am 14. Dezember im Bundesrat eine Mehrheit gibt. Somit könnte der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag angerufen und die Grundgesetzänderung erst 2019 beschlossen werden. Dann würde es auch länger dauern, bis das erste Geld an den Schulen ankommt. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte am Vortag in Stuttgart gesagt: «Es geht darum, dass die Länder nicht einfach zu Verwaltungsprovinzen des Bundes degradiert werden.» Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND, Freitag) sagte er, das Gesetz sei «Murks». Nach Medienberichten haben auch die Regierungen von Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und Sachsen Probleme mit der geplanten Grundgesetzänderung.

Unter anderem geht es um die geplante «Zusätzlichkeit» der Bundesmittel. Der CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg erläuterte hierzu: «Die nun vereinbarte Formulierung soll sicherstellen, dass die Länder mindestens die Hälfte der öffentlichen Investitionen selbst tragen.» Dies gilt laut Bundestagsbeschluss aber erst für die Zeit ab 2020. Würden die Milliardenhilfen für die Schuldigitalisierung bereits 2019 beschlossen, müssten die Länder demnach hierfür nicht durch diese Regelung dieselbe Summe zuzahlen.

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte: «Jetzt liegt die Verantwortung in den Händen der Ministerpräsidenten, die Hilfe des Bundes für die digitale Bildung in Klassenzimmern anzunehmen.» Schüler, Lehrer und Eltern erwarteten das. Dafür sind Gewerkschaften und Wirtschaft. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer wertete den Bundestagsbeschluss als «Erfolg politischer Vernunft», die Chefin der Bildungsgewerkschaft GEW, Marlis Tepe, als «richtigen Schritt».

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