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Analyse
Das CO2 und sein Preis: Die Zeit für einen Kompromiss drängt

Tankstelle
Das wird es in Zukunft immer seltener geben: Ein Autofahrer tankt Diesel. Foto: Felix König
Protest
Gegen die Einlagerung von CO2: Protestschild auf der Halbinsel Nordstrand in Schleswig-Holstein. Foto: Christian Charisius
Seit Monaten arbeiten Union und SPD auf den 20. September zu. Dann soll das Klimakabinett beschließen, wie es beim CO2-Sparen in Deutschland weiter geht. Gelingt bis in zwei Wochen der große Kompromiss?

Berlin/Potsdam (dpa) - Im Ziel sind Union und SPD sich inzwischen grundsätzlich: Benzin und Diesel, Heizöl und Erdgas sollen teurer werden, um Klimaschutz voran zu bringen. Das steckt hinter dem Begriff «CO2-Preis». Anderswo sollen die Bürger dafür entlastet werden.

Um den Weg dahin und viele andere Details streiten die Koalitionspartner aber - und haben am Donnerstag ihre Positionen noch einmal bekräftigt. Dabei muss innerhalb der kommenden 14 Tage eine Einigung her, wenn das Klimakabinett wie geplant am 20. September Entscheidungen treffen soll. Der Druck ist hoch.

Die Spitze der CDU/CSU-Fraktion zurrte auf ihrer Klausur in Potsdam fest, was bereits ziemlich klar war: Die Union will den CO2-Ausstoß im Verkehr und beim Heizen über einen Handel mit Zertifikaten teurer machen, die etwa Raffinerien und Gaswerke erwerben müssen für jede Tonne CO2, die über ihre Produkte in die Atmosphäre gelangt. «Eine Bepreisung in Form eines Zertifikatehandels hat den Vorteil, dass die Menge an ausgestoßenem CO2 effektiv begrenzt, die Klimaziele so mit marktwirtschaftlichen Methoden erreicht werden und so Innovationen angeregt werden», heißt es im Beschluss dazu.

Was die Union damit ablehnt, ist die sogenannte CO2-Steuer - die keine neue Steuer auf CO2 ist, sondern eine Erhöhung der Energiesteuern. Genau das ist aber der Plan der SPD. «Ein nationaler Emissionshandel im Verkehrs- und Gebäudebereich wäre zeitnah nicht umzusetzen und würde zu einem sehr großen bürokratischen Aufwand führen», heißt es in einem Papier aus der Fraktion, hinter dem unter anderem die Fraktionsvizes Matthias Miersch und Sören Bartol stehen.

Der Streit hat zwei Ebenen: Eine sachliche und eine politische. Denn die Union hat im Wahlkampf versprochen, keine Steuern zu erhöhen, überhaupt sind Steuererhöhungen bei den Bürgern nicht gerade beliebt.

Sachlich ist es so: Ein Emissionshandel kann wirken, das zeigt die EU. Denn dort müssen Stromerzeuger und Teile der Industrie schon mit Verschmutzungsrechten handeln, deren Zahl begrenzt ist. Das führte zuletzt dazu, dass klimaschädlicher Kohlestrom teilweise aus dem Markt gedrängt wurde. Und darum geht es: Klimaschädliches teurer machen, damit CO2-sparende Technologien einen Schub bekommen. Das soll nun auch im Verkehr und im Wärmebereich passieren.

Den EU-Handel auszuweiten, ist aber sehr kompliziert - und der aktuelle Preis von 27 Euro pro Tonne CO2 wäre aus Sicht vieler Experten zu gering, um im Verkehr etwas zu bewegen. Deswegen geht es um einen nationalen Handel. Damit die Preise nicht durch die Decke schießen, will die CSU-Fraktion eine Obergrenze - was marktwirtschaftliche Prinzipien ein Stück weit wieder außer Kraft setzt. Wenn die Zertifikate-Zahl nicht begrenzt ist, ist der CO2-Ausstoß auch nicht gedeckelt. Eine Steuer andererseits deckelt auch nichts, ist jedoch schneller einzuführen und berechenbarer.

Dennoch könnte ein Handelssystem mit Obergrenze für den CO2-Preis eine Kompromisslinie sein. Es wirke zunächst mal wie eine Steuer, sagte auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus am Donnerstag. Oder die Energiesteuern werden wie von der SPD gewünscht erhöht, aber für nicht-fossile Energieträger im Gegenzug gesenkt.

Kommenden Freitag treffen sich die Koalitionsspitzen erneut zum Klimaschutz. Selbst wenn dann schon eine Einigung zum CO2-Preis gelingen würde, wäre das ein großer Schritt - der Klima-Konsens wäre aber noch lange nicht geschafft.

Beide Seiten wollen Anreize für Bürger setzen, moderne Heizungen einzubauen, Elektroautos zu kaufen, das Haus besser zu isolieren, und mehr Bus und Bahn zu fahren. Aber in welches Projekt wie viel Geld gesteckt werden soll, wie genau Pendler und Mieter vor zu großen Kosten geschützt werden sollen, und welche Verbote und Vorgaben der Staat machen soll - all das ist noch lange nicht geklärt.