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Letzte Sitzungswochen beginnen
DGB fordert: Regierung muss möglichst viele Gesetze umsetzen

Reichstagsgebäude
Löwenzahn blüht auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude in der Morgensonne. (Archivbild). Foto: Kay Nietfeld/dpa
Gesetzesmarathon der Koalition: In den letzten Regierungswochen sollen weitreichende Vorhaben beschlossen werden - doch der Blick richtet sich schon immer mehr auf die Zeit danach.

Berlin (dpa) - Zum Start der letzten Regierungswochen der Koalition vor dem Bundestagswahlkampf fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), möglichst viele Gesetzesankündigungen noch umzusetzen.

«Bitter ist es, dass es wohl kein Gesetz gegen sachgrundlose Befristungen mehr geben wird», sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Zugleich forderte Hoffmann, die Weichen für die Zeit nach der Corona-Krise zu stellen. «Wir müssen dringend den Blick auf die Zeit nach der Pandemie richten», sagte Hoffmann. «Deutschland muss den milliardenschweren Investitionsstau bei Kitas, Schulen und Hochschulen auflösen.»

An diesem Montag starten die letzten drei Sitzungswochen des Bundestags in dieser Legislaturperiode, wie Hoffmann erläuterte. «Die Koalition muss ihre Liste jetzt abarbeiten. Denn dann kommen der Bundestagswahlkampf, die Wahl und die Regierungsbildung - ein monatelanges Vakuum, was neue Gesetze anbelangt.»

Hoffmann nannte das Betriebsrätemodernisierungsgesetz und das Gesetz für die Einhaltung der Menschenrechte in globalen Lieferketten. Beide Vorhaben sollen an diesem Montag in öffentlichen Bundestagsanhörungen beraten und in dieser Woche im Plenum beschlossen werden. Das Lieferkettengesetz soll dafür sorgen, dass es bei der Herstellung von Kleidern, Elektroartikeln oder Nahrungsmitteln für den deutschen Markt keine Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen gibt. Das Gesetz zu den Betriebsräten soll die Bildung einer Arbeitnehmervertretung in Unternehmen erleichtern. «Das sind wichtige Meilensteine», sagte Hoffmann.

Dem angekündigten Gesetz gegen sachgrundlose Befristungen gibt Hoffmann dagegen kaum noch eine Chance. «Die Arbeitgeber fordern ein sogenanntes Belastungsmoratorium, und das Kanzleramt blockiert», sagte er. «Dabei kann von Belastung in den Bereichen, in denen derzeit massiv befristet eingestellt wird, nicht die Rede sein», sagte er. «Die Logistik und der Versandhandel boomen in der Pandemie. Trotzdem sind viele der Neueinstellungen hier befristet.»

Hoffmann forderte, Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen und die Weichen für die Zeit danach zu stellen. «In der Pandemie hat sich gezeigt, wie ungerecht das Schulsystem heute vielfach ist», sagte er etwa. «Den einen kann ein gutes digitales Angebot gemacht werden - die anderen haben das Nachsehen.» Auch gelte es, Schritte hin zum beschlossenen Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 zu machen. «Die Klimaziele zu erhöhen ist die eine Sache, die andere ist, jetzt Tempo zu machen bei den Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele», sagte Hoffmann. «Es würde Wohlstand gefährden und wäre unseren Kindern gegenüber völlig verantwortungslos, wenn wir in diesen Bereichen nach der Wahl nicht ganz praktisch vorankämen.»

Dafür sei es zwingend, in den nächsten zehn Jahren die öffentlichen Investitionen ambitioniert voranzutreiben. «Bei seiner Haushaltspolitik muss sich der Bund dafür ein Beispiel an Nordrhein-Westfalen nehmen, das in diesem Jahr Kredite mit einer Tilgungsfrist von 50 Jahren aufnimmt», sagte Hoffmann. Das sei der richtige Weg. «Auch die kommenden Jahre dürften von niedrigen Zinsen geprägt sein.» Der DGB-Chef forderte deshalb massive Investitionen in die Modernisierung Deutschlands auch mit günstigen Krediten. Bei der Tilgung solle man sich mehr Zeit lassen.

«Dazu kommt, dass wir Entbürokratisierung bei Planung und Genehmigung brauchen», sagte Hoffmann. «Beim Ausbau der erneuerbaren Energien müssen wir jetzt auf die Tube drücken und dürfen uns keine jahrelangen Debatten und Planfeststellungsverfahren leisten.»

© dpa-infocom, dpa:210516-99-615500/2