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Experten rechnen mit hohen FSME-Zahlen

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Durch den Klimawandel haben Zecken mehr Zeit, nach Wirten zu suchen. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
Zeckenwarnschild
Die FSME-Zahlen könnten auch wegen der Pandemie steigen. Foto: Patrick Seeger/dpa/Symbolfoto
Für Zecken sind das goldene Zeiten: Der Klimawandel gibt ihnen mehr Zeit, um nach Wirten zu suchen. Und das Corona-Virus treibt die Menschen ins Grüne, wo die Zecken schon auf sie warten.

Stuttgart (dpa) - Nach den jüngsten Rekordwerten könnte das Risiko für eine FSME-Erkrankung nach Ansicht von Experten auch 2021 deutlich höher sein als in normalen Jahren.

«Ich erwarte das zweithöchste FSME-Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2001», sagte Franz Rubel vom Wiener Institut für Öffentliches Veterinärwesen. Unter anderem werde es im laufenden Jahr in Deutschland überdurchschnittlich viele Zecken geben, durch deren Stiche die Erreger für Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen werden können. Das geht aus einer Prognose Rubels und anderer Wissenschaftler der Vetmeduni Wien hervor, die auf Grundlage eines mathematischen Modells die Zeckendichte voraussagt.

Das Prognosemodell wurde mit Zeckenbeobachtungen aus Süddeutschland im Zeitraum 2009 bis 2020 entwickelt. Seine Basis bilden unter anderem Populationszahlen, die von Gerhard Dobler vom Nationalen Konsiliarlabor für FSME der Bundeswehr an einem Infektionsherd in Bayern erfasst wurden. Auch biologische Parameter wie etwa die Zahl der Bucheckern und Eicheln zwei Jahre vor dem kommenden Sommer, die jährliche Durchschnittstemperatur im vergangenen Jahr und die aktuelle Wintertemperatur spielen eine Rolle. Diese Daten nutzen Rubel und andere Experten, um eine frühe Prognose für eine zu erwartenden Zeckendichte zu formulieren.

Die Wiener rechnen laut Prognose dennoch mit bundesweit 540 FSME-Fällen im laufenden Jahr. Diese Prognose beinhaltet aber noch nicht den Einfluss der Pandemie auf das Freizeitverhalten der Menschen. «Wir brauchen da noch etwa zehn Prozent Corona-Aufschlag», sagte Rubel. Menschen hielten sich in ihrer Freizeit häufiger im Freien auf, so steige das Risiko. Nach 704 FSME-Erkrankungen im vergangenen Jahr, dem höchsten Wert seit Beginn der Meldepflicht vor 20 Jahren, erwartet Rubel daher insgesamt rund 600 Fälle im Jahr 2021.

Gegen FSME gibt es eine Impfung, nicht jedoch gegen die ebenfalls von Zecken übertragene und in ganz Deutschland verbreitete Borreliose. Die meisten FSME-Infizierten bleiben zwar beschwerdefrei. Aber in schweren Fällen kann diese Viruserkrankung zu einer Gehirnentzündung führen und das Rückenmark schädigen. Das Ansteckungsrisiko in Risikogebieten ist von Region zu Region unterschiedlich. Insgesamt, so Experten, liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach einem Zeckenstich in einem Risikogebiet bei 1:50 bis 1:100.

Experten warnen zudem davor, dass bestimmte Zeckenarten als Folge der klimatischen Veränderungen nun auch bereits früher nach Wirten suchen, die sie stechen können. Damit steige das Risiko für Menschen, früher im Jahr an Erregern zu erkranken, die durch Zecken übertragen würden, warnte Dobler, der in München am Konsiliarlabor die Abteilung für Virologie und Rickettsiologie leitet. Menschen, die sich in der Natur aufhalten und ein Risiko für Zeckenstiche haben, sollten sich impfen lassen. In Risikogebieten wie Baden-Württemberg und Bayern werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts schwankt die jährliche FSME-Fallzahl seit 2001 stark. Die Erkrankung ist von wenigen Landkreisen abgesehen vor allem in Süddeutschland bis hinein nach Hessen, Thüringen und Sachsen verbreitet. In den Jahren 2018 und 2020 wurden in Baden-Württemberg die meisten Fälle gezählt. «Letztes Jahr sind hier 331 Menschen an FSME erkrankt», sagte Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. «Das trägt natürlich auch zum deutlichen Anstieg der deutschlandweiten Fallzahlen bei.» Bayern war der Hotspot im Jahr 2019.

© dpa-infocom, dpa:210310-99-765981/2

RKI zu FSME

Uni Hohenheim zur FSME

Robert Koch-Institut Fragen und Antworten

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