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Präsidentschaftskandidatin
Groth kritisiert DFB-Spitze: Viel Glaubwürdigkeit verloren

Ute Groth
Ute Groth hat sich initiativ als DFB-Präsidentschaftskandidatin beworben. Foto: Henning Schoon
Ute Groth kannte praktisch niemand im deutschen Fußball. Mit ihrer Initiativbewerbung für den vakanten Präsidentschaftsposten beim DFB sorgt die Chefin eines Düsseldorfer Amateurclubs für Aufsehen. Der aktuellen Führungscrew stellt sie ein miserables Zeugnis aus.

Düsseldorf (dpa) - Ute Groth hat keine Chance, DFB-Präsidentin zu werden. Dennoch hält die 60-Jährige an ihrer Kandidatur fest. Nach Jahren der Arbeit an der Amateurbasis will die Düsseldorferin zumindest ein Zeichen setzen.

Warum bewerben Sie sich als DFB-Präsidentin?

Ute Groth: Ich habe das über etliche Jahre mitverfolgen können, was beim DFB passiert oder was nicht passiert. Wenn mir längere Zeit etwas auffällt oder mich stört, habe ich das Gefühl, jetzt musst du selber mal was machen, sonst ändert sich nichts.

Was kritisieren Sie an der derzeitigen Verbandsführung?

Groth: Beim DFB dreht es sich um ganz viel Geld, um Glitzer und Glamour. Und um die Amateurvereine wird sich recht wenig gekümmert. Das hat mich geärgert. Deswegen habe ich gedacht, jetzt ist einer zurückgetreten, jetzt kann man seine Hilfe anbieten. Ich habe mich beworben, mit den Worten, dass es gut tut, wenn jemand von außen dazukommt und andere Fragen stellt und andere Anstöße gibt.

Gab es den einen Moment, an dem sie dachten: Jetzt bewerbe ich mich?

Groth: Das war das Viertelfinale im DFB-Pokal, Augsburg gegen Leipzig. Da war der Herr Grindel gerade zurückgetreten und der Herr Koch war in der Halbzeitpause im Interview. Da hatte ich den Eindruck, jetzt wird der Posten wieder unter den gleichen zehn Leuten ausgemacht. Eine Frau könnte man sich zwar vorstellen, aber eher lieber nicht. Da habe ich gedacht, jetzt kommt wieder alles, wie es vorher war, jetzt musst du etwas tun.

Was würden Sie als DFB-Präsidentin als erstes angehen wollen?

Groth: Der DFB hat viel Glaubwürdigkeit verloren. Das ist, was die Leute auch nervt. Ich würde anfangen zu überprüfen, wie die Vergütungsregeln sind. Das sind ehrenamtliche Leute, die die Vorstandsposten machen. Was kriegen die denn? Ist das angemessen oder muss man da zurückgehen und das anders regeln? Das sind Ehrenamtspauschalen, die da rausgegeben werden. In einem normalen Verein bekommt man 350 bis 700 Euro pro Jahr als Ehrenamtspauschale für wöchentliche, ehrenamtliche Arbeit. Das scheint mir da ein bisschen abgehoben zu sein. Da würde ich gerne nachgucken.

Warum sollten Sie die Delegierten wählen?

Groth: Ich muss auf keinen Rücksicht nehmen. Das ist, was die Menschen dem DFB ankreiden. Dass das ein Zirkel ist, der sich mit sich beschäftigt, und was draußen passiert, ist da gar nicht wichtig.

Waren Sie schon einmal in der DFB-Zentrale in Frankfurt?

Groth: Nein. Da bin ich noch nicht gewesen. Da kommt ein normaler Vereinsmensch auch nicht hin.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit der hohen Verbandsebene?

Groth: Ich bin das erste Mal beim Verbandstag Niederrhein gewesen, da dort meine Kandidatur hätte behandelt werden sollen. Da sind sehr, sehr viele Leute. Die gehen rein, setzen sich, dann bekommen die von vorne etwas vorgetragen, schöne Filme oder Grußworte und dann werden Anträge gestellt und die Arme hochgehoben. Es ist ganz selten, dass da mal ein Einwand aus dem Plenum kommt. Das sieht alles sehr abgesprochen aus.

Hatten Sie Kontakt zu der Findungskommission des DFB und der DFL?

Groth: Nein, gar nicht.

Wie lief das Prozedere für Ihre Bewerbung bislang? Mussten Sie eine Bewerbungsmappe abgeben wie für einen Job?

Groth: Ich habe ein Schreiben abgegeben. Ich habe keine Unterlagen eingereicht. Ich glaube gar nicht, dass das notwendig ist. Wenn man sich für den Vorsitz eines gemeinnützigen Vereins bewirbt, ist das einzige Kriterium, dass man geschäftsfähig ist, und geschäftsfähig bin ich. Ich verstehe nicht, dass man für ein Ehrenamt irgendwo einen Lebenslauf oder Zeugnisse einreicht.

Aber Sie haben sich offiziell beworben?

Groth: Das habe ich satzungsgemäß gemacht. Ich habe einen Antrag fristgerecht an den Fußball-Verband Niederrhein gestellt. Der hätte behandelt werden müssen, am 15. Juni, beim Verbandstag. Er ist aber nicht behandelt worden, sondern nur im Schlusswort erwähnt worden. Man werde sich mit mir oder meinem Verein in Verbindung setzen, wenn das gesuchte Profil zutreffe, hieß es. Ich kenne es aus dem Vereinsrecht, wenn man Anträge stellt, müssen die verhandelt werden. Aus meiner Sicht ist das anfechtbar.

Sehen Sie irgendeine Chance, DFB-Präsidentin zu werden?

Groth: Da rechne ich nicht mit. Ich habe die Vertreter der Landes- und Regionalverbände angeschrieben und die Rückmeldung kam von der Personalabteilung vom DFB, als würde ich mich um eine Stelle als Sekretärin oder Reinigungskraft bewerben. Ich weiß nicht, ob die sich beim DFB schon mit mir beschäftigt haben.

Kritiker werfen Ihnen vor, es ginge nur um Publicity. Was entgegnen Sie?

Groth: Das sind Leute, die mich nicht kennen. Das ist mir dann auch egal. Wenn sie die Menschen fragen, die mich kennen, mit denen ich hier in Düsseldorf zu tun habe, die kennen mich als ruhige, zurückhaltende Person, die an Publicity überhaupt kein Interesse hat. Mich interessiert Sacharbeit. Das ist hochgeploppt, ohne dass ich das veranlasst habe.

Könnten Sie sich vorstellen, unter einem anderen Präsidenten beim DFB eine Funktion zu übernehmen?

Groth: Absolut. Ich bin an Sacharbeit interessiert. Wir im Verein sind der Meinung, dass der Amateurfußball nicht ausreichend gehört wird. Ich habe ein paar Ideen, wie man das machen kann, denn es fängt unten an der Basis an, dass die Leute keine Lust mehr haben, mitzumachen. Man muss andere Strukturen für Mitarbeit der Vereine schaffen. Das würde ich auch gerne beim DFB machen.

Sie gelten als Kritikerin der neuen DFB-Akademie. Was stört Sie an dem Projekt?

Groth: Wir investieren lieber Geld in den Sport, anstatt in Steine. Für 150 Millionen Euro hätte man sich die nächsten 20 Jahre im ganzen Land bei Sporthochschulen immer wieder Kompetenz einkaufen können.

Vakant sind auch die Posten bei FIFA und UEFA. Haben Sie Interesse?

Groth: Ich glaube, dass es in den Gremien auch in erster Linie um Geld geht und wie es verteilt wird. Auch da hat der DFB noch kein klares Statement abgegeben. Da wird immer mitgeschwommen. Ich glaube, dass man klare Position beziehen muss. Bei der Global Nations League von Gianni Infantino geht es um 25 Milliarden Dollar. Da muss man doch eine klare Haltung haben. Aber man hört nichts.

Kennen Sie FIFA-Präsident Gianni Infantino?

Groth: Ich habe ihn noch nicht getroffen. Aber er hat am gleichen Tag Geburtstag wie ich, also würde ich ihn beim ersten Treffen fragen, ob wir nicht mal zusammen feiern.

Was müsste er als Geschenk mitbringen?

Groth: Informationen über seine Geschäfte, mit Schleifchen.

Was machen Sie am 27. September, wenn beim DFB-Bundestag der neue Präsident in Frankfurt gewählt wird?

Groth: Normalerweise bin ich zuhause, da habe ich die Arbeitswoche hinter mich gebracht. Aber ich würde mir das tatsächlich überlegen, hinzufahren. Wenn man weiß, wer da gewählt wird, würde ich es mir ansehen.

ZUR PERSON: Ute Groth (60) ist 1. Vorsitzende der DJK TuSA 06 Düsseldorf, einem Breitensportverein mit Angeboten von Basketball bis Tischtennis. Über ihre Kinder kam die gelernte Bauzeichnerin mit dem Fußball in Kontakt. Aus Ärger über die DFB-Führung kandidiert sie für den Präsidentschaftsposten - allerdings ohne Aussicht auf Erfolg.

Homepage DJK TuSA06 Düsseldorf

Ute Groth im Vorstand von DJK TuSA06 Düsseldorf

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