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Regierungsbildung
Grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg steht

CDU und Grüne in Baden-Württemberg
Die Neuauflage des grün-schwarzen Regierungsbündnisses im Ländle steht: CDU-Innenminister Thomas Strobl (links) und der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Rande der Koalitionsverhandlungen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Sieben Wochen nach der Wahl im Ländle haben sich Grüne und CDU auf eine Neuauflage ihres Regierungsbündnisses geeinigt. Konflikte könnte es künftig in der Frage geben, wo investiert wird.

Stuttgart (dpa) - Sieben Wochen nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg haben sich Grüne und CDU auf eine Neuauflage ihres Regierungsbündnisses geeinigt.

Die grün-schwarze Koalition unter Führung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann will den Südwesten zum «Klimaschutzland» machen, doch der coronabedingte Geldmangel in der Landeskasse erschwert den Start. Kretschmann sagte der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart: «Ich bin mit dem Koalitionsvertrag zufrieden. Wir haben uns in allen Kernbereichen geeinigt.» Es sei ein «echter Aufbruch», auch wenn man wegen der schlechten Finanzlage Abstriche machen müsse.

Am Mittwoch soll der Koalitionsvertrag der Öffentlichkeit vorgestellt werden, nächsten Samstag stimmen dann Parteitage von Grünen und CDU darüber ab.

Der bundesweit einzige grüne Regierungschef Kretschmann kann danach in seine dritte Amtszeit starten. Der 72 Jahre alte wertkonservative Politiker hatte sich vehement für eine Wiederauflage der Koalition mit der CDU stark gemacht, die bei der Landtagswahl klar unterlegen war. Dabei gab es in Reihen der Grünen viele Stimmen für eine Ampel-Koalition mit SPD und FDP.

Knapp fünf Monate vor der Bundestagswahl gab sich die Union um Landeschef und Bundesvize Thomas Strobl größte Mühe, um die Gespräche zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Dafür musste die CDU allerdings eine Reihe von schmerzhaften Zugeständnissen machen, vor allem beim Klimaschutz, in der Asyl- und Verkehrspolitik. So stimmte die CDU der Einführung einer Lkw-Maut auf Landes- und Kommunalstraßen zu.

Strobl zeigte sich trotzdem zufrieden. «Wir haben in einem guten Klima, in einer richtig guten Atmosphäre die Gespräche mit dem grünen Partner sehr konstruktiv geführt», sagte der Innenminister der dpa. «Wir bilden eine Koalition, die ihrer Zeit voraus sein will - da ist es doch ein gutes Zeichen, dass wir sehr zügig und vor dem Zeitplan unser neues Kapitel für Baden-Württemberg ausbuchstabiert haben.»

Grüne und CDU haben sich vorgenommen, in Klimaschutz, schnelles Internet und Nahverkehr sowie die Innovationsförderung zu investieren. Hinzu kommen Pläne für mehr Stellen bei Polizei und Schulen.

Doch im Koalitionsvertrag soll so gut wie jedes Vorhaben, das Kosten nach sich zieht, mit einem Haushaltsvorbehalt belegt werden. Zudem soll es fast überall Stufenpläne geben. Das heißt, man finanziert den Einstieg und füttert dann nach, wenn die Steuerquellen wieder stärker sprudeln. Die Zeiten des «fröhlichen Geldausgebens» seien vorbei, hieß es in Grünen-Kreisen. Nach den jüngsten Prognosen fehlen in den nächsten drei Jahren jeweils etwa vier Milliarden Euro.

Das birgt Konfliktpotenzial für die kommende Legislaturperiode, da die Partner auch unterschiedliche Prioritäten haben. So dringen die Grünen auf kräftige Investitionen in den Klimaschutz, während die CDU auf mehr Polizeistellen pocht.

Die beiden Partner einigten sich aber auf ein Sofortprogramm, mit dem die Corona-Folgen für Schulen, Kultur und den Einzelhandel in den Innenstädten abgefedert werden sollen. Das Volumen solle erst nach der Regierungsbildung und der Steuerschätzung am 12. Mai festgelegt werden. Für das geplante Sofortprogramm, mit dem die coronabedingten Lernrückstände von Kindern und Jugendlichen ausgeglichen werden sollen, wollten Grüne und CDU ursprünglich bis zu 120 Millionen Euro ausgeben.

Die erste Priorität der Grünen ist der Klimaschutz und der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Häuslebauer sollen zu Solaranlagen verpflichtet werden. Die Grünen wollen auch die Windkraft schneller ausbauen, nachdem es zuletzt gestockt hatte. 1000 neue Anlagen sollen entstehen, unter anderem in den Staatswäldern. Die Grünen setzten auch durch, dass gut integrierte Flüchtlinge künftig schwieriger abgeschoben werden können.

Nach anfänglichem Widerstand ließ sich die CDU auch darauf ein, eine Mautpflicht für Lastwagen auf Landes- und Kommunalstraßen einzuführen. Kretschmann habe eindrücklich erläutert, warum Lkw über 7,5 Tonnen auf Dauer große Schäden an den Straßen anrichteten, hieß es. Bisher gibt es die Lkw-Maut nur für die Nutzung von Autobahnen und vierspurigen Bundesstraßen. Grün-Schwarz will sich zunächst dafür einsetzen, dass die Maut bundesweit kommt. Sollte dies nicht gelingen, soll sie nur im Land eingeführt werden.

© dpa-infocom, dpa:210501-99-427711/4