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Coronavirus
Kampf gegen Lagerkoller: Der Alltag der China-Rückkehrer

Coronavirus-Quarantäne
Der Eingang zur Südpfalz-Kaserne in Germersheim. Foto: Uwe Anspach/dpa
Rund 120 China-Rückkehrer harren seit Tagen in einer Kaserne in der Pfalz aus. Frühestens in einer Woche wissen sie zuverlässiger, ob sie mit dem Coronavirus infiziert sind. Nun könnten weitere Deutsche aus China ausgeflogen werden und in Quarantäne kommen.

Germersheim (dpa) - Erst gab es Pichelsteiner Eintopf, dann kam die erfreuliche Nachricht. Bei keinem der rund 120 China-Rückkehrer in Quarantäne im pfälzischen Germersheim lässt sich derzeit das Coronavirus nachweisen, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt.

Aber den abgeschirmten Block 4 in der Bundeswehrkaserne dürfen die Männer, Frauen und Kinder trotzdem vorerst nicht verlassen. Rund 14 Tage dauert ihre Isolation, fast die Hälfte ist jetzt wohl vorbei.

Am Wochenende könnten noch mehr Rückkehrer aus China in Quarantäne kommen: Die Bundesregierung will nach Angaben des Auswärtigen Amts weitere deutsche Staatsbürger und ihre Angehörigen aus Wuhan zurückholen. Es gebe in Wuhan «einzelne Personen», die sich erst nach dem Rückholflug am vergangenen Samstag gemeldet oder es nicht rechtzeitig zum Flughafen geschafft hätten, bestätigte das Auswärtige Amt der Deutschen Presse-Agentur. «Wir bemühen uns intensiv darum, auch diesen Personen eine Ausreise zu ermöglichen.» Möglicherweise können sie mit einer größeren Gruppe von Briten ausfliegen. Sie sollen laut «Spiegel» in einer Klinik in Berlin-Köpenick in Quarantäne kommen.

In der Kaserne von Germersheim richten sich die Menschen unterdessen ein, so gut es geht. «Die Stimmung unter den Rückkehrern ist insgesamt gut», sagt der Germersheimer Landrat Fritz Brechtel (CDU). Den Rückkehrern stehen 128 Zimmer in dem noch recht neuen Block zur Verfügung. Es sind eher kleine Räume mit Tisch und Etagenbett sowie Kühlschrank, Fernseher und Badezimmer. Wer rauchen oder sich die Beine vertreten möchte, kann dies auf einem umzäunten Areal rund um den Block tun. Allein sind die Rückkehrer nicht: Rund 20 Betreuer vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) sind freiwillig mit in Quarantäne gegangen.

In dem Gebäude mit der aufgemalten Zahl 4 gelten klare Regeln. Zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens herrscht Nachtruhe, und mindestens dreimal täglich soll der Mundschutz gewechselt werden, heißt es in einem Aushang. Händeschütteln ist grundsätzlich untersagt. An vielen Stellen hängen Handdesinfektionsspender. Täglich wird Fieber gemessen, und ein Arzt erkundigt sich regelmäßig nach dem Wohlbefinden der Rückkehrer. Sie waren am Samstag an Bord einer Sondermaschine in Frankfurt gelandet. Bei zwei Passagieren wurde das Coronavirus nachgewiesen, sie kamen in das Uniklinikum Frankfurt.

Einer, der weiß, wie sich Reizarmut und Zeitüberfluss in Quarantäne überstehen lassen, ist Oliver Knickel. 2009 simulierte der damalige Bundeswehrsoldat 105 Tage lang zusammen mit fünf Männern einen Flug zum Mars. «Am meisten vermisst man die kleinen Dinge des Alltags, etwa gute Gespräche, Freunde oder Hobbys», sagt er. Über die Situation zu jammern, helfe aber nicht weiter. «Man sollte sich jeden Tag selbst einige Aufgaben stellen und Ziele setzen und auch ohne äußere Zwänge einen geregelten Tagesablauf etablieren», rät Knickel. «Und man sollte überlegen, was man macht, wenn die Zeit vorbei ist. Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.»

In der Germersheimer Kaserne gibt ein Kiosk im Quarantäne-Block Getränke und kleine Snacks aus. Aus Gründen der Hygiene sollen die Rückkehrer in ihren Zimmern essen. Zwei Wochen in einem Gebäude auf einem eingezäunten Areal: Besteht da nicht die Gefahr von Lagerkoller? «Wir versuchen alles, damit es nicht dazu kommt», sagt Kai Kranich vom DRK. So gebe es unter anderem eine psychologische Betreuung. Damit es nicht langweilig wird, werden den Rückkehrern auch Bücher angeboten.