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Radstar
Karriereende droht: Erschöpfter Kittel verlässt Team Katusha

Erholungsbedürftig
Marcel Kittel verlässt mitten in der Saison sein Team und nimmt sich eine Auszeit. Foto: David Stockman/BELGA
Nach eineinhalb unglücklichen Jahren gehen Marcel Kittel und sein Radteam Katusha-Alpecin getrennte Wege. Der Sprinter fühlt sich erschöpft und spricht von der größten Herausforderung seiner Karriere. Dass diese überhaupt weitergeht, ist nicht gesichert.

Berlin (dpa) - «Erschöpft» und ohne Plan B hat Radstar Marcel Kittel das Missverständnis Katusha-Alpecin beendet und seine Profikarriere vorerst gestoppt.

In der schwersten sportlichen Krise gab der Top-Sprinter am Donnerstag die Trennung von seinem Rennstall mitten in der Saison bekannt. Zwei Tage vor seinem 31. Geburtstag kündigte der Thüringer eine Pause auf unbestimmte Zeit an - und womöglich kehrt er überhaupt nicht mehr zurück in den Profi-Rennsport. «In den letzten zwei Monaten hatte ich das Gefühl, erschöpft zu sein. Momentan kann ich nicht auf höchstem Niveau trainieren und Rennen fahren», schrieb Kittel.

Es ist nur wenige Jahre her, da war Kittel der weltbeste Sprinter. 14 Etappensiege holte er bislang bei der Tour de France, so viele wie kein anderer Deutscher vor ihm. Allein 2017 raste er zu fünf Tageserfolgen beim wichtigsten Rennen der Welt. Mit dem Wechsel zum deutschen-russischen Team mit Schweizer Lizenz aber ging die Talfahrt des großgewachsenen Blondschopfs los.

Und an deren Ende folgt womöglich gar das Karriereende, das Kittels Manager Jörg Werner nicht ausschließen konnte. «Ich will die Entscheidung nicht vorwegnehmen. Marcel muss sich selber überlegen, wo die Reise hingeht», sagte Werner der Deutschen Presse-Agentur. Die Saison ist für Kittel schon im Mai vorbei, nach neuen Teams hält Werner nach eigener Darstellung nicht Ausschau. «Er braucht Zeit zum Überlegen. Ich hoffe, dass wir ihn als Fahrer wiedersehen werden.»

Nach nur zwei Erfolgen 2018 und einem Sieg 2019 fühlt Kittel sich nicht in der Lage, ganz vorn mitzufahren. «Aus diesem Grund habe ich beschlossen, mir eine Pause zu nehmen, über meine Ziele nachzudenken und einen Plan für meine Zukunft zu machen.» Er sei aber motiviert für ein Comeback. «Ich möchte in Zukunft wieder Rennen fahren und muss einen Plan ausarbeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Dies ist die größte Herausforderung meiner Karriere und ich nehme sie an.» Zunächst wolle er «Glück und Freude über alles stellen.»

Von Glück und Freude war Kittel im Katusha-Trikot teils ganz weit entfernt. Schon bei der Tour im Vorjahr war er als chancenloser Sprinter bei der eigenen Teamleitung schwer in der Kritik. Die Schwächephase ging in diesem Jahr weiter. Sein Kapitän sei aktuell «einfach nicht gut genug», sagte Sportdirektor Dirk Demol jüngst nach dem Scheldeprijs, Kittels letztem Rennen. Von einem dringend benötigten Krisentreffen war die Rede, auch Kommentare über eine fehlende Berufseinstellung machten die Runde.

Ab Sonntag sollte Kittel bei der Kalifornien-Rundfahrt wieder starten, der Sportler entschloss sich nun aber zu einer Pause. «Die Entscheidung trifft man nicht aus dem Bauch heraus. Marcel ist in einer schwierigen Situation. Es ging darum, mit erhobenem Haupt auseinanderzugehen», sagte Werner. Gerüchte, wonach Kittel an einer Burnout-Erkrankung leide, wies er zurück. «Es ist keine einfache Situation für ihn, aber man sollte die Kirche im Dorf lassen.»

Die Situation erinnert ein wenig an 2015. Damals noch in Diensten des deutschen Rennstalls Giant-Alpecin kam Kittel ebenfalls nicht auf Touren, wurde bei einfachen Rennen abgehängt und schließlich nicht zur Tour mitgenommen. Auch damals löste der Sprinter vorzeitig den Vertrag auf und wechselte zu Quick-Step, was seiner Karriere einen neuen Schub gab. Kittel hofft, dass dies wieder gelingt: «Trotz aller Unsicherheiten bin ich zuversichtlich, dass ich letztendlich neue Chancen und Herausforderungen finde», sagte Kittel weiter.

Kittel-Mitteilung

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