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Deutsche Bischofskonferenz
Kirchen-Missbrauchsopfer fordern Eingreifen des Bundestags

Matthias Katsch
«Die Kirche hat gezeigt, dass sie es allein nicht kann», sagt der Geschäftsführer des «Eckigen Tischs», Matthias Katsch. Foto: Gregor Fischer/dpa
Die Deutsche Bischofskonferenz berät derzeit über das Thema Missbrauch - doch die Betroffenen haben den Glauben an eine umfassende Aufklärung verloren.

Köln/Bonn (dpa) - Im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche fordert ein Bündnis von Betroffeneninitiativen ein Eingreifen des Bundestags.

«Die Kirche hat gezeigt, dass sie es allein nicht kann», sagte der Geschäftsführer des «Eckigen Tischs», Matthias Katsch, in Köln. «Deshalb fordern wir: Bundestag, du musst dich einmischen.»

Derzeit diskutiert die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer bis Donnerstag andauernden Frühjahrsvollversammlung unter anderem über das Thema des sexuellen Missbrauchs.

«Wir fordern eine Wahrheitskommission», sagte Katsch. «Entscheidend ist, dass das Parlament demonstriert, dass es sich zuständig und verantwortlich fühlt und diesen Prozess begleitet.» Am Ende müsse eine Bewertung durch den Bundestag stehen, das sei das Entscheidende.

«Wir sehen das ja jetzt hier in Köln», sagte Katsch in Anspielung auf die viel kritisierte Aufarbeitung im größten deutschen Bistum. «Das Erheben der Informationen ist das eine, das macht teilweise schon Probleme. Aber wenn es dann darum geht, das zu bewerten, tun sich die Beteiligten schwer.»

Die Komikerin Carolin Kebekus sagte bei ZDFheute live, die Bischöfe bildeten Männerbünde, die auf Gedeih und Verderb zusammenhielten. Doch jetzt machten viele Gläubige mächtig Druck, insbesondere Frauen. «Das ist einfach eine überreife Situation», sagte die 40 Jahre alte Kölnerin, die aus der Kirche ausgetreten ist, sich aber weiter als Katholikin betrachtet. «Das ist auch nichts, was die Kirche aussitzen kann. Entweder die Kirche nutzt jetzt diese engagierten Frauen oder sie geht unter.»

Die Kritik entzündet sich derzeit vor allem an Kardinal Rainer Maria Woelki. Der Erzbischof von Köln hält ein von ihm selbst in Auftrag gegebenes Gutachten unter Verschluss, das den Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs untersucht. Woelki führt dafür rechtliche Bedenken an. Er will stattdessen am 18. März ein neues Gutachten veröffentlichen lassen.

Auch andere Bischöfe haben diese Vorgehensweise scharf kritisiert. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte am Mittwoch jedoch im WDR, er habe keine Handhabe gegen Woelki: «Ich muss es tolerieren, weil ich keine Möglichkeiten habe, nach Köln reinzugrätschen», sagte Bätzing.

Unterstützung erhielt Woelki von dem ehemaligen Bundesrichter Thomas Fischer. Er halte die Vertuschungsvorwürfe gegen den Kölner Kardinal für überzogen, sagte der Jurist der Deutschen Presse-Agentur. «Viele Leute rechnen ganz allgemein mit der katholischen Kirche ab und suchen dafür Projektionsflächen.»

Seine Berater hätten Woelki offenbar gesagt, dass das erste Gutachten rechtlich problematisch sei, weil Betroffene dagegen klagen könnten. Das Gutachten sei von zwei anerkannten Strafrechts-Professoren geprüft worden, und diese hätten plausible Vorbehalte vorgebracht. «Dass Woelki dann hingeht und sagt «Gut, dann erstellen wir es noch einmal neu», das finde ich in Ordnung. Ich kann nicht erkennen, dass da zurzeit etwas vertuscht wird. Das würde auch unter den gegebenen Umständen nicht funktionieren.»

Unbestritten habe es in der Kirche viele Fälle von Machtmissbrauch und sexuellen Übergriffen gegeben, sagte Fischer, der sich selbst als «tief ungläubig» bezeichnet. «Und natürlich war auch die Aufklärung mangelhaft.» Das gelte allerdings auch für andere Institutionen wie organisierten Sport, Pädagogik oder Psychotherapie. «Katholische Geistliche sind nicht besser oder schlechter als andere Menschen.»

© dpa-infocom, dpa:210224-99-575528/2

Twitter-Meldung WDR zu Bätzing

Carolin Kebekus im ZDF zur katholischen Kirche