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Energiekrise
Kretschmer: Nach dem Krieg «wieder Gas aus Russland nutzen»

Kretschmer
Michael Kretschmer will auch eigenes Erdgas in der Nordsee erschließen. Foto: Wolfgang Kumm
Sollte Deutschland auch künftig auf Gas aus Russland verzichten? Der sächsische Ministerpräsident sieht das offenbar nicht so. Auch für die beschädigte Pipeline Nord Stream 1 hat er Pläne.

Berlin. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich für eine Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen nach dem Krieg ausgesprochen. «Wir brauchen langfristige Verträge für Flüssiggaslieferungen aus den USA, Katar und anderen arabischen Ländern. Außerdem müssen wir endlich eigenes Erdgas in der Nordsee erschließen. Und wenn der Krieg vorbei ist, sollten wir auch wieder Gas aus Russland nutzen», sagte er der «Bild am Sonntag.»

Auf die Frage, ob er davon ausgeht, dass die beschädigte Gas-Pipeline Nord Stream 1 wieder repariert werde, sagte er: «Wir werden Pipeline-Gas brauchen, und das geht nur mit funktionierenden Pipelines.»

Ähnlich wie Kretschmer äußerte sich auch der Vorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch. «Natürlich wird es eine Zeit nach Putin geben, dann können auch wieder Gespräche über Gaslieferungen aus Russland möglich werden», sagte Bartsch den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Sonntag, Print Montag) mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Schlüssel sei aber der entschlossene Ausbau der erneuerbaren Energien.

Kretschmer fordert «gemeinsame diplomatische Anstrengung»

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil reagierte skeptisch auf Kretschmers Worte. «Das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland ist, so fürchte ich, auf Jahre zerrüttet. Ich sehe derzeit leider nicht, dass das durch den brutalen Krieg zerstörte Vertrauen in absehbarer Zeit wiederhergestellt werden kann», sagte der SPD-Politiker am Sonntag der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Auch wenn sich alle «so schnell wie möglich» Frieden für die Ukraine wünschten, liege die Zukunft der deutschen Energieversorgung nicht im Gas, sondern in erneuerbare Energien.

Kretschmer hatte mit seinen Äußerungen über den russischen Angriffskrieg in der Vergangenheit viel Kritik einstecken müssen, auch in den eigenen Reihen. So hatte er sich wiederholt für Verhandlungen über ein Ende des Kriegs in der Ukraine ausgesprochen. Es müsse so schnell wie möglich eine diplomatische Lösung geben, die Ukraine aber nicht auf Staatsgebiete verzichten.

Zu dem Thema sagte Kretschmer «Bild am Sonntag»: «Es braucht jetzt eine gemeinsame diplomatische Anstrengung von der EU, den USA, China, Indien und Japan. Dieser Krieg muss angehalten werden.» Solche Verhandlungen würden nach Kretschmers Vorstellungen nicht automatisch dazu führen, dass die Ukraine auf Teile ihres Staatsgebietes verzichten müsste. «Es gibt keinen einzigen Grund, warum die Ukraine auch nur auf einen Quadratmeter ihres Territoriums verzichten sollte. Kriegsschäden müssen von Russland ausgeglichen, Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen werden. Mit dieser Haltung muss man in Friedensgespräche gehen», sagte Kretschmer.

© dpa-infocom, dpa:221023-99-226713/8