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Zu wenig Abschiebehaftplätze
Länder: Keine Abschiebehaft in normalen Gefängnissen

Horst Seehofer
Innenminister Horst Seehofer will, dass abgelehnte Asylbewerber ohne Duldung Deutschland schnell verlassen. Foto: Jan Woitas
Seehofer will, dass abgelehnte Asylbewerber ohne Duldung Deutschland schnell verlassen. Doch es gibt nicht genügend Abschiebehaftplätze. Der Bundesinnenminister schlägt deshalb vor, Ausreisepflichtige vorübergehend in Justizvollzugsanstalten unterzubringen.

Berlin (dpa) - Nur wenige Landesregierungen können sich einer Umfrage zufolge vorstellen, Abschiebehäftlinge in normalen Gefängnissen unterzubringen.

Eine entsprechende Möglichkeit sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, über den demnächst im Bundestag beraten werden soll. Allerdings wäre das nur erlaubt, wenn die Ausreisepflichtigen von den Strafgefangenen räumlich getrennt untergebracht werden.

Eine Umfrage des «Mediendienstes Integration» hat ergeben, dass 11 von 16 Bundesländern grundsätzlich nicht vorhaben, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Sechs von ihnen melden rechtliche Bedenken an. Baden-Württemberg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland haben demnach ohnehin keine Kapazitäten in ihren Haftanstalten. Die Umfrage zeigt allerdings auch, dass die geringe Zahl von verfügbaren Abschiebeplätzen von der Mehrheit der Landesregierungen durchaus als Problem gesehen wird. Neun Länder planen daher Neubauten oder den Ausbau bestehender Einrichtungen.

In Glückstadt planen Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein eine gemeinsame Abschiebungshafteinrichtung mit jeweils 20 Plätzen pro Bundesland. Ein Sprecher des Hamburger Senats erklärte jedoch auf Anfrage des «Mediendienstes», über deren Ausgestaltung sei «noch nicht abschließend entschieden worden».

In Hessen soll die Haftplatzkapazität von derzeit 20 auf bis zu 80 Plätze steigen. Bayern plant in Hof eine Abschiebungseinrichtung mit 150 Plätzen. Außerdem entsteht in Passau ein Gefängnisneubau, der nach derzeitigem Stand 450 Haftplätze haben soll. Davon sollen - räumlich getrennt - bis zu 200 Plätze für Abschiebungen genutzt werden können.

Bremen will die Zahl seiner Abschiebehaftplätze den Angaben zufolge von 13 auf 16 aufstocken. Die baden-württembergische Landesregierung plant in Pforzheim bis zum Frühjahr 2021 einen Ausbau von 30 auf 80 Plätze. Im nordrhein-westfälischen Büren sind zwar keine Bauarbeiten geplant. Durch «organisatorische und personelle Maßnahmen» soll aber auch hier ein Aufwuchs von derzeit 140 auf 175 Plätze erreicht werden. Sachsen-Anhalt hat bisher keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten und will in Dessau-Roßlau jetzt eine Einrichtung schaffen.

Bundesweit gibt es aktuell rund 490 Abschiebehaftplätze. Bundesländer wie Thüringen, die keine eigenen Einrichtungen haben, nutzen derzeit die Kapazitäten anderer Länder mit. Die Berliner Einrichtung für den Abschiebungsgewahrsam wurde am 22. September vergangenen Jahres in Betrieb genommen. Sie bietet Platz für maximal zehn Ausreisepflichtige und wird nach Auskunft der Senatsverwaltung vorrangig zur Unterbringung sogenannter Gefährder genutzt.

Die EU-Rückführungsrichtlinie hält zwar fest, dass Ausreisepflichtige nicht zusammen mit Straffälligen untergebracht werden dürfen. Das Bundesinnenministerium beruft sich in seinem Entwurf für ein «Geordnete-Rückkehr-Gesetz» jedoch angesichts der hohen Zahl von vollziehbar Ausreisepflichtigen auf eine vorübergehende «Notlage».

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