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Energieversorgung
Lindner: Debatte über Kernkraft-Rückkehr nicht verschließen

Christian Lindner
Finanzminister Lindner will offen über eine Rückkehr zur Kernkraft diskutieren. Foto: Fabian Sommer
Ende 2022 sollen die beiden letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden. Einen Weiterbetrieb soll es laut Kanzler Scholz nicht geben. Doch nun stößt Finanzminister Lindner den Diskurs erneut an.

Berlin. Deutschland muss nach Ansicht des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner in der Energiedebatte auch offen über Rückkehr zur Kernkraft diskutieren.

«Die Menschen erwarten, dass wegen des Klimaschutzes, der Abhängigkeit von Putin und der Inflation alle Möglichkeiten erwogen werden», sagte der Bundesfinanzminister der «Bild» (Donnerstag). Wirtschaftlich sei er zwar noch nicht überzeugt, dass sich neue Investitionen in Kernkraft wirklich rechneten. «Aber Deutschland darf sich einer Debatte nicht verschließen, die überall auf der Welt geführt wird. Ich rate dazu, die Argumente vorurteilsfrei auf den Tisch zu legen.»

Habeck: Kein Weg, den Deutschland weiter gehen wird

Sein Kabinettskollege und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte der Zeitung dazu: «Zur Atomenergie ist nicht mehr viel zu sagen. Ideologiefrei fachlich wurde das Thema Anfang der Legislatur nochmal durchgeprüft. Das ist aus den Fachministerien heraus entschieden - und politisch auch. Das ist kein Weg, den Deutschland weiter gehen wird.»

Der Grünen-Abgeordnete Stefan Wenzel sagte zur Atomkraft: «Dieses gescheiterte Experiment kann niemand ernsthaft wiederbeleben wollen. Dieser Versuch misslang aus guten Gründen vor mehr als zehn Jahren schon einmal kläglich.» Atomkraftwerke seien in vielerlei Hinsicht ein Unsicherheitsfaktor und die teuerste Art der Energieerzeugung. «Der Atomausstieg bleibt der logische Schritt, das haben wir im Koalitionsvertrag gemeinsam bestätigt.» Wenzel ist Sprecher für nukleare Sicherheit.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wies Lindners Vorstoß ebenfalls zurück. Eine Verlängerung der Laufzeiten wäre mit einem hohen Kostenaufwand und unverantwortbaren Sicherheitsrisiken verbunden, erklärte BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock. Beides stehe in keinem Verhältnis zu den zusätzlichen und vergleichsweise geringen Strommengen, die dadurch produziert werden könnten. Atomstrom habe aktuell nur noch einen Anteil von etwa sechs Prozent im deutschen Strommix.

Am Netz sind in Deutschland nur noch die Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. Sie sollen bis Ende des Jahres ebenfalls abgeschaltet werden. Eine Verlängerung der Laufzeiten wegen der neuen Lage nach der russischen Invasion in die Ukraine hatten das Wirtschafts- und das Umweltministerium bereits abgelehnt. Stattdessen soll die Energiewende hin zu erneuerbaren Stromquellen vorangetrieben werden. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich gegen einen Weiterbetrieb von Akw ausgesprochen.

© dpa-infocom, dpa:220609-99-598634/5