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Lindner-Vorschlag «Zumutung»
Ramelow lehnt Expertenregierung für Thüringen ab

Bodo Ramelow
«Es wäre gut, wenn die Berliner Parteizentralen jetzt mal stiller wären», sagt Bodo Ramelow. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa
Ein unabhängiger Kandidat oder eine Expertenregierung könnten ein Ausweg aus der Thüringen-Krise sein, heißt es nicht nur aus Berlin. Thüringens Ex-Ministerpräsident Ramelow hält allerdings nicht viel davon.

Erfurt (dpa) - Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht in der Wahl eines unabhängigen Kandidaten oder einer Expertenregierung keinen gangbaren Weg aus der Thüringen-Krise.

«Es wäre gut, wenn die Berliner Parteizentralen jetzt mal stiller wären», sagte Ramelow im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Als Zumutung bezeichnete der Linke-Politiker, dessen Partei die Landtagswahl gewonnen hatte, einen Vorstoß von FDP-Chef Christian Lindner. Der Liberale hatte als Erster einen Übergangs-Regierungschef für Thüringen ins Gespräch gebracht.

Am lautesten seien derzeit die Vertreter der Parteien, die einen Anteil daran hätten, dass es am 5. Februar bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen zum Desaster kam. Ramelow: «Manche Ratschläge sind wie Schläge». Mit einer Stimme mehr als Ramelow war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich Ministerpräsident geworden. Dass er nur mit Stimmen der AfD ins Amt kam, sorgte für ein politisches Beben in Deutschland.

Ramelow erinnerte daran, dass AfD-Chef Björn Höcke nach der Landtagswahl Ende Oktober 2019 Briefe an CDU und FDP geschrieben habe, in denen er unter anderem vorschlug, Ramelows rot-rot-grüne Koalition durch eine Expertenregierung abzulösen.

Ziel sei jetzt eine erneute Ministerpräsidentenwahl, der er sich stellen wolle. «Bedingung von allem muss sein, es darf auf Stimmen der AfD nicht ankommen», so der Linke-Politiker. Wichtig sei, dass es schnell wieder eine handlungsfähige Regierung gebe, die für geordnete Neuwahlen sorgen könnte. Er sei bereit, dafür die Hand in Richtung CDU und FDP auszustrecken. «Wir haben keine Zeit zu vergeuden.»

Dass Thüringen eine Staatskrise drohe, zeige sich daran, dass das Land am Freitag erstmals nicht im Bundesrat vertreten sei. Kemmerich, der nach seinem Rücktritt am vergangenen Wochenende nur noch geschäftsführend im Amt ist, will nach Angaben seiner Partei nicht zur Tagung der Länderkammer fahren, um nicht zu provozieren.

Auf die Frage, warum er sich trotz fehlender vier Stimmen für eine eigene Mehrheit erneut dem Risiko des Scheiterns bei einer Wahl aussetzen wolle, sagte Ramelow: «Das ist meine staatspolitische Verantwortung.» Rot-Rot-Grün habe eine arbeitsfähige Regierung. «Wir sind handlungsfähig und nicht irgendein Dritter.» Es gehe ihm nicht um die nächste Wahl oder Prozente. «Ich wäre der Profiteur von Neuwahlen.» Nach der jüngsten Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des MDR könnte die Linke bei einer Neuwahl von 31 auf 39 Prozent zulegen.