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Jahrestag
Steinmeier: Mauer «Zeugnis eines hoffnungslosen Scheiterns»

Bau der Berliner Mauer
August 1961: Arbeiter erhöhen die Sektorensperre an der Bernauer Straße in Berlin. Foto: Bildarchiv/dpa
Bundespräsident
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nimmt an der zentralen Gedenkveranstaltung zum 60. Jahrestag des Baus der Berliner Mauer teil. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
60. Jahrestag Bau der Berliner Mauer
Grenzsoldaten der DDR sitzen hinter der Berliner Mauer, während ein Soldat auf einer Leiter die Situation im Lenne-Dreieck auf West-Berliner Seite beobachtet. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
60. Jahrestag Bau der Berliner Mauer
Die Versöhnungskirche an der Bernauer Straße im Stadtteil Wedding steht mitten im Todesstreifen an der Grenze zwischen West- und Ost-Berlin. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
60. Jahrestag Bau der Berliner Mauer
Nur die Untergeschoße von Wohnhäusern stehen in der Bernauer Straße in West-Berlin und sind gleichzeitig Grenzanlage der DDR und gehören zur Berliner Mauer. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
60. Jahrestag Bau der Berliner Mauer
Ein junger Mann aus dem Rheinland steht auf einem Aussichtspodest vor dem Brandenburger Tor und blickt über die Berliner Mauer nach Ost-Berlin. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
60. Jahrestag Bau der Berliner Mauer
Eine Frau betrachtet an der East Side Galery im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die bemalten Betonsegmente der Berliner Mauer. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Der Bau der Berliner Mauer vor 60 Jahren brachte vielen Menschen Leid, manchen den Tod. Zum Jahrestag erinnert der Bundespräsident an die Opfer - und verbindet das mit einer Mahnung.

Berlin (dpa) - 60 Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die Opfer der jahrzehntelangen Teilung erinnert und das einstige Bollwerk als «Zeugnis eines hoffnungslosen Scheiterns» bezeichnet.

«Die Mauer war das unübersehbare Zeichen eines Unrechtsstaates, der in den Augen seiner eigenen Bürgerinnen und Bürger weder souverän noch legitim war. Im Grunde der Anfang vom Ende - das allerdings noch allzu lange auf sich warten ließ», sagte Steinmeier am Freitag beim zentralen Gedenken in Berlin.

«Der 13. August 1961 war ein Schicksalstag für uns Deutsche und für die Welt - und ein Tag, der Träume und Hoffnungen zerstörte, der Kinder von Eltern, Enkel von Großeltern trennte, der schmerzlich und leidvoll in das Leben ungezählter einzelner Menschen eingriff», sagte er weiter. «Wenn wir heute an den Mauerbau erinnern, dann erinnern wir uns auch an die Toten und Verletzten und an die Verhafteten - an alle, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben um der Freiheit willen.»

Gedenken an Mauertote

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lenkte ebenso das Augenmerk auf die Mauertoten. «Wir denken auch an jene, die nach einem gescheiterten Fluchtversuch in Gefängnissen wie Berlin- Hohenschönhausen Haft, Misshandlung, Entwürdigung erleiden mussten», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Aufarbeitung der Diktatur in der DDR und die Erinnerung an ihre Opfer «ist unsere Aufgabe und Pflicht für die Zukunft», betonte er. Dafür werde sich der Bund auch weiterhin mit erheblichen Mitteln einsetzen.

Der Bundespräsident rief ebenfalls dazu auf, es nicht beim Rückblick zu belassen. Die Erinnerung an Mauer und Teilung sei eine bleibende Herausforderung. «Freiheit und Demokratie sind nie naturgegeben und nie ein für alle Mal erreicht. Freiheit und Demokratie müssen erkämpft, dann aber auch geschützt, verteidigt und erhalten werden.» Das fange mit der Beteiligung an demokratischen Wahlen an, «Wahlen, die die Mauer und das, wofür sie stand, so lange so vielen verwehrte. Denken Sie alle daran, wenn bald ein neuer Bundestag gewählt wird.»

Mauer hielt 28 Jahre

Am 13. August 1961 hatte der Bau der Berliner Mauer begonnen, der die deutsche Teilung besiegelte. Das Bollwerk war rund 155 Kilometer lang und umschloss den Westteil Berlins. 45 Kilometer lang verlief die Mauer quer durch die Stadt. Erst nach mehr als 28 Jahren ging die Teilung mit dem Mauerfall am 9. November 1989 zu Ende. Allein in Berlin starben nach dem Mauerbau nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mindestens 140 Menschen durch das DDR-Grenzregime. An der innerdeutschen Grenze waren laut Bundesregierung mindestens 260 Todesopfer zu beklagen.

«Nirgendwo sonst hat sich der menschenverachtende Charakter der SED-Diktatur so offensichtlich gezeigt wie bei der Mauer», sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) bei der Gedenkstunde. «Bis in die 80er Jahre hinein perfektionierte die DDR-Führung die innerberliner Grenze zu einem Bauwerk von schier unüberwindlicher Monstrosität.» Trotzdem hätten viele versucht, die Mauer zu überwinden, viele hätten das mit ihrem Leben bezahlt.

«Wiedervereinigung großer Triumph»

«Dass die Wiedervereinigung Berlins an der Nahtstelle von Ost und West so wunderbar gelungen sei, ist ein großer Triumph über Jahrzehnte der Teilung», so Müller. Dies sei aber auch ein großer Triumph für jene Ostdeutschen, die 1989 mutig auf der Straße für ihre Freiheit demonstriert und die Mauer zu Fall gebracht hätten.

Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz würdigte die Leistung der DDR-Bürger bei der Überwindung der deutschen Teilung. «Das ist von den Bürgerinnen und Bürgern zustande gebracht worden - die haben die Mauer eingerissen», sagte er bei einer Gedenkveranstaltung in Potsdam. FDP-Generalsekretär Volker Wissing erklärte, der Jahrestag des Mauerbaus sei «Mahnung und Verpflichtung zugleich, unermüdlich für die Freiheit einzutreten».

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sagte in Berlin, der Jahrestag sei «immer auch eine Mahnung für den Kampf für Freiheit, für Demokratie und für Menschenrechte» und zeige, dass Mauern auch heute keine Probleme lösen können.

Foto-Aktion zur Erinnerung

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die Mauer war zementierte Menschenverachtung. Sie ist noch heute das sichtbarste Symbol für das Unrecht der SED-Diktatur, für das Regime der alten SED-Greise, der gefälschten Wahlen, der Unfreiheit, der Verfolgung, der Schikane. Und auch für die wirtschaftliche Misere der Planwirtschaft.» Die Erinnerung an dieses Unrecht müsse wachgehalten werden und fester Bestandteil der Erinnerungskultur bleiben.

An mehr als 300 Orten in Berlin erinnern seit Freitag Plakate an den Mauerbau. Sie zeigten bekannte und weniger bekannte historische Motive, auf denen die Bedeutung des Mauerbaus in ihrer ganzen Tragik deutlich werde, teilte die Kulturprojekte GmbH mit. Es gehe um Stacheldraht, zerrissene Familien, Flucht, Protest, Militär und die Opfer des DDR-Grenzregimes.

© dpa-infocom, dpa:210813-99-827837/7