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Corona-Auswirkungen
Steinmeier und Wirtschaft rufen Betriebe zur Ausbildung auf

Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ruft die Unternehmen in Deutschland auf, auch in der Corona-Krise weiter auszubilden. Foto: Wolfgang Kumm/dpa
Droht in der Corona-Pandemie ein Ausbildungsdesaster? Die Befürchtung besteht. Denn viele Betriebe, die bislang ausgebildet haben, sind jetzt in Schwierigkeiten. Das hat auch den Bundespräsidenten auf den Plan gerufen.

Berlin (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Spitzen von Wirtschaft und Gewerkschaften haben die Unternehmen in Deutschland aufgerufen, auch in der Corona-Krise weiter auszubilden.

«Setzen Sie wo immer möglich und trotz schwieriger Rahmenbedingungen Ihr Engagement für die Ausbildung fort», heißt es in einem gemeinsamen Appell vom Dienstag. «Schaffen Sie Ausbildungsplätze, und nutzen Sie dafür auch die von Bund und Ländern in historischen Dimensionen bereitgestellten Hilfsprogramme.» Denn: «Es geht um die Zukunftschancen der jungen Generation und Ihre Fachkräfte von morgen.»

Der Bundespräsident hatte zuvor mit dem Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Reiner Hoffmann, und den Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Ingo Kramer, des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer, und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, beraten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie war durch seine Vizepräsidentin Ingeborg Neumann vertreten.

Hintergrund ist die Befürchtung, dass viele Unternehmen, die durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, ihre Ausbildungsaktivitäten einstellen oder reduzieren könnten. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte Anfang Mai mitgeteilt, dass ein Minus bei den angebotenen Lehrstellen von knapp acht Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen sei.

Steinmeier sagte: «Unser deutsches Modell der dualen Ausbildung ist eine große Stärke. Es ist ein großer Schatz. Besinnen wir uns gerade jetzt, in der Krise, auf diesen Schatz.» An die jungen Leute appellierte er, sich trotz aller Widrigkeiten in der Corona-Krise um einen Ausbildungsplatz zu bewerben. «Unsere Wirtschaft braucht Sie. Aber nicht nur die: Unser Land braucht Sie», sagte Steinmeier.

Arbeitgeberpräsident Kramer rief die Betriebe auf, an ihre eigene Zukunft zu denken. «Wir sind zwar in einer Situation im Moment, wo die Betriebe mit Auftragsmangel, mit Kurzarbeit, mit Liquiditätsengpässen zu tun haben.» Sie brauchten aber auch in Zukunft Fachkräfte. «Der Auszubildende, den Sie heute einstellen, der ist gerade fertig, wenn Sie in drei Jahren wieder kräftig am Markt sind, so wie es die allermeisten Unternehmen sein werden.» Kramer betonte: «Ausbilden ist die Maßgabe für Unternehmen. Und einen Ausbildungsplatz anstreben, ist die Maßgabe für junge Menschen.»

DGB-Chef Hoffmann rief die Betriebe auf, auch Hauptschülern eine Chance zu geben. «Hauptschüler haben einen Ausbildungsplatz verdient, damit wir die soziale Ungleichheit in unserem Land nicht weiter auseinanderdriften lassen.» Die Erfahrung zeige, dass junge Menschen, die sich in der Schule schwer tun, später oftmals die besten Mitarbeiter würden.

Um die Ausbildungsbereitschaft zu stärken, will die Bundesregierung an diesem Mittwoch unter anderem eine Ausbildungsprämie für kleine und mittelständische Unternehmen beschließen. Danach sollen Betriebe mit bis zu 249 Beschäftigten, die von der Corona-Krise in erheblichem Umfang betroffen sind und trotzdem ihr Ausbildungsniveau halten, für jeden für das Ausbildungsjahr 2020 abgeschlossenen Vertrag einen einmaligen Zuschuss von 2000 Euro erhalten. Sogar 3000 Euro pro Vertrag soll erhalten, wer mehr als bisher ausbildet.

DIHK-Präsident Schweitzer sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die in der Allianz für Aus- und Weiterbildung und im Konjunkturpaket beschlossenen Maßnahmen zur Ausbildung sind für von Corona betroffene Betriebe eine wichtige Unterstützung zur rechten Zeit.» Das gelte außer für die Ausbildungsprämie auch für den Zuschuss während der Kurzarbeit und die finanzielle Anerkennung bei der Übernahme von Azubis aus insolventen Betrieben.

BDI-Vize Ingeborg Neumann erklärte, trotz des Wirtschaftseinbruchs durch die Corona-Pandemie habe die Industrie dem Bundespräsidenten zugesagt, alle Kräfte zu mobilisieren, um den jungen Menschen auch in diesem Jahr einen Start in die Ausbildung zu ermöglichen. «Sie dürfen nicht die Leidtragenden der schwerwiegenden Folgen der Corona-Pandemie sein. Ausbildung heißt Zukunft und für diese Zukunft wollen wir als Industriearbeitgeber auch in diesem Jahr sorgen.»

© dpa-infocom, dpa:200623-99-533813/2