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425.000 Mitglieder stimmen ab
Endspurt um den SPD-Vorsitz - Kühnert will in Parteiführung

Kevin Kühnert
Juso-Chef Kevin Kühnert hat angekündigt, für den SPD-Parteivorstand zu kandidieren. Foto: Sven Hoppe/dpa/Archivbild
Stichwahl um SPD-Vorsitz
Die Kandidatenpaare Norbert Walter-Borjans (l) und Saskia Esken (2.v.l) sowie Olaf Scholz und Klara Geywitz. Foto: Jörg Carstensen/dpa
Wer führt künftig Deutschlands älteste Partei? Zum Start der Stichwahl prallen Gegensätze aufeinander - doch auch Gemeinsamkeiten werden deutlich. Für eine Überraschung sorgt ein Junger.

Berlin (dpa) - Die SPD hat den Schlussspurt auf der Suche nach einem neuen Parteivorsitz begonnen. Seit Dienstag können die rund 425.000 Parteimitglieder ihre Stimme in der Stichwahl abgeben.

Ende kommender Woche soll klar sein, ob Klara Geywitz und Olaf Scholz oder Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans den Vorsitz übernehmen sollen. Anlass für Spekulationen in der Partei gab Juso-Chef Kevin Kühnert mit seiner Ankündigung, für den Parteivorstand zu kandidieren.

DUELL DER KANDIDATEN - UNTERSCHIEDE:

In einem Fernsehduell prallten die Ansichten der Kandidaten zum Fortbestehen der großen Koalition noch einmal hart aufeinander. Die Bundestagsabgeordnete Esken, die im Duo mit dem früheren NRW-Finanzminister Walter-Borjans antritt, bekräftigte, sie wolle die Zukunft der Groko von Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags abhängig machen. Gelängen diese mit der Union nicht, wolle sie auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember empfehlen, dass mit der Koalition Schluss sei, sagte Esken bei der Debatte des Redaktionsnetzwerks Deutschland und des TV-Senders Phoenix. Dabei bezweifelte Esken, dass CDU/CSU auf die SPD zugehen werden - von der CDU seien bereits Signale nach dem Motto gekommen: «Die Verteilungsfrage stellt sich nicht, nein, der Koalitionsvertrag wird nicht weiter verhandelt.»

Scholz, der mit der Brandenburgerin Klara Geywitz antritt, entgegnete, es gebe auch so noch wichtige Dinge, «die wir jetzt noch durchsetzen wollen». Der Vizekanzler führte die Rentenkommission an, die der Regierung im März Vorschläge für die langfristige Sicherung der Rente machen will - sowie das geplante Zurückdrängen befristeter Jobs. Scholz betonte: «Nachdem die SPD gerade einen riesigen großen Sieg errungen hat, einen großen Erfolg erreicht hat, die Grundrente, die in drei Koalitionen nicht zustande gekommen ist, (...) haben wir auch etwas vorzuweisen - wir sollten uns nicht selbst schlecht reden.»

DUELL DER KANDIDATEN - GEMEINSAMKEITEN:

Am Beispiel Rente zeigte sich aber auch, dass sich die Duos in vielen Fragen nicht grundlegend unterscheiden: Scholz und Walter-Borjans sprachen sich mit jeweils anderen Worten für ein langfristig sicheres Rentenniveau aus. Scholz nannte eine Summe von 30 Milliarden Euro pro Jahr, die der Staat aus dem Bundeshaushalt dafür längerfristig ausgeben könne. Walter-Borjans warb für Rentenbeiträge auch auf Vermietungen und Kapitaleinkünfte - aber auch für den Einsatz von mehr Steuermitteln.

KÜHNERTS KANDIDATUR:

Mit der angekündigten Kandidatur des Juso-Chefs hat der SPD-Konvent vom 6. bis 8. Dezember einen spannenden Punkt mehr - neben der Bestätigung des siegreichen Duos und der erwarteten Abstimmung zur Zukunft der GroKo. Er halte es für nicht schlüssig, zwei Jahre lang immer wieder auch Kursänderungen zu fordern, die Verantwortung dafür aber anderen zu überlassen, sagte Kühnert der «Süddeutschen Zeitung» (Dienstag). Der 30-Jährige schloss aus, Generalsekretär der Partei zu werden - den Posten des stellvertretenden Parteivorsitzenden könne er sich aber vorstellen. Eine Konfrontation mit einem potenziellen Parteichef Scholz sehe er als dessen Vize nicht: «Stärke kommt daraus, Unterschiedlichkeiten zuzulassen», sagte Kühnert.

KÜHNERTS ROLLE:

Von Beginn an hat der Juso-Chef Walter-Borjans und Esken unterstützt: «Da würde ich die Partei in guten Händen sehen.» Schon früher kritisierte er Scholz mit einiger Inbrunst («Das war kommunikativ ganz alte Schule.»). Doch ob Kühnerts Einsatz Walter-Borjans und Esken tatsächlich zum Sieg verhilft, steht in den Sternen. Zahlreiche prominente Genossen unterstützen Scholz/Geywitz. Auf NDR Info bewertete Kühnert das so: «Natürlich wird die Nervosität im politischen Berlin jetzt größer, dass die Wahl von Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken schlechtere Auswirkungen auf die GroKo haben würde, denn die beiden sind das deutlich kritischere Team.» Doch zum bisherigen Profil Kühnerts gehört auch, dass er Beschlüsse durchaus mitträgt. Nachdem der GroKo-Kritiker beim SPD-Mitgliederentscheid über die GroKo 2018 unterlegen war, akzeptierte er das Ergebnis. Insofern könnte er seine Rolle auch unter Scholz/Geywitz neu erfinden, heißt es in der Partei. Als Juso-Vorsitzender will Kühnert beim Bundeskongress des SPD-Nachwuchses an diesem Wochenende in Schwerin bestätigt werden.

WAS DIE SPD NOCH WILL:

Übrigens würde Kühnert einem verkleinerten Führungsgremium der SPD angehören - vor den Wahlen sollen die Parteitagsdelegierten über Satzungsänderungen für eine schlankere Parteistruktur abstimmen. Danach soll es noch um zahlreiche Neuerungen beim Programm gehen, wobei die SPD etwa beim Sozialen deutlich nach links rücken will. Denn längerfristig soll die GroKo auf jeden Fall ein Auslaufmodell sein.