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Schwimmer-Krise
«Team Tokio 2020» folgt auf Cheftrainer Lambertz

Henning Lambertz
Zieht sich aus persönlichen Gründen vom Posten des Schwimm-Bundestrainers zurück: Henning Lambertz. Foto: Jens Büttner
Die Last auf mehrere Schultern verteilen - so lautet das Motto der deutschen Schwimmer nach der überraschenden Rückzugs-Ankündigung ihres Chefbundestrainers. Gefordert sind nun auch die Kritiker. Sorgen macht sich eine Doppel-Olympiasiegerin - und hat einen Rat.

Kassel (dpa) - Mit vereinten Kräften und einem Kompetenzteam aus mehreren Trainern will der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) seine große Personal-Misere meistern.

Einen Tag nachdem Chefbundestrainer Henning Lambertz seinen Rücktritt aus privaten Gründen zum Jahresende angekündigt hatte, bekräftigte der DSV, bis zu den kommenden Olympischen Spielen in gut anderthalb Jahren keinen Nachfolger einzustellen. Stattdessen soll ein «Team Tokio 2020» die Becken-Asse nach zwei olympischen Nullnummern wieder erfolgreicher machen.

«Unsere oberste Prämisse in einem DSV-Team Tokio 2020 wird es sein, alle potenziellen Anwärterinnen und Anwärter für die Olympischen Spiele 2020 bestmöglich zu fördern und das bestehende Know-How in einem synergetisch arbeitenden Kompetenzteam zu bündeln», wird DSV-Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen in einer Verbandsmitteilung zitiert.

Konkret heißt das: Mehrere Trainer sollen mit Experten aus den Bereichen Gesundheitsmanagement, Trainingswissenschaft und Ernährungswissenschaft zusammenarbeiten. Mit vereinten Kräften versuchte es der Verband auch nach dem Ende von Dirk Lange als Bundestrainer vor den Spielen in London. Damals ging das Beckenteam leer aus, so wie auch vier Jahre später unter Lambertz in Rio.

Kurschilgen ist beim DSV als Krisenmanager gefragt. Selbst erst seit September im Amt, musste er vor knapp zwei Wochen bereits den Rücktritt vom Präsidentin Gabi Dörries moderieren. «Der DSV ist nun ein verlassenes Waisenkind, ich hoffe, es gibt einen Neustart, der anders ist als das, was bisher als neu galt», sagte Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen der Deutschen Presse-Agentur. Sie würde Dörries ins Amt zurückbitten und glaubt für die Zukunft bestenfalls an Einzelerfolge der Schwimmer.

Für den Lambertz-Rückzug zeigte Kurschilgen Verständnis - wie auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB). «Die Gründe, die Henning Lambertz zu seiner Entscheidung bewogen haben, sind gut nachvollziehbar», sagte Dirk Schimmelpfennig, Vorstand Leistungssport des DOSB, der Deutschen Presse-Agentur. Lambertz will sich mehr um seine Familie kümmern. Es sei kaum möglich gleichzeitig ein fürsorglicher Familienvater und guter Cheftrainer zu sein, hatte er erklärt.

Die komplizierte Situation seiner Sportart und der Rücktritt der Lambertz-Vertrauten Dörries spielten bei der Entscheidung des Chefbundestrainers ebenfalls eine Rolle. Dörries, die wie Lambertz auf Reformen setzte, konnte die von ihr angeschobene Erhöhung der Mitgliedsbeiträge auf dem Verbandstag nicht durchsetzen und zog daraus die Konsequenzen.

Der nächste Gradmesser wird im kommenden Jahr die WM im südkoreanischen Gwangju. Spätestens in Tokio müssen die Schwimmer dann liefern. Dort sollen sie nach einem «amerikanischen Modell» betreut werden. Das bedeutet: Ein Coach aus dem Trainerteam führt die Nationalmannschaft in enger Zusammenarbeit mit dem Leistungssportdirektor. «Team Tokio 2020 wird eine Leistungspartnerschaft auf der Basis von Vertrauen, Innovation und Kompetenz sein», sagte Kurschilgen.

Innovativ und kompetent war auch Lambertz. Der 48-Jährige setzte auf Reformen, führte härtere Qualifikationsnormen für den Saisonhöhepunkt sowie ein Kraftkonzept ein und forcierte die Zentralisierung. Damit machte er sich nicht nur Freunde. Nicht alle Trainer im DSV vertrauten ihm. Vor allem rund um die größtenteils enttäuschende WM 2017 in Budapest gab es immer wieder Kritik am Chefbundestrainer.

Nun sind auch diejenigen gefordert, die mit Lambertz nicht so gut zurecht kamen. Die Bundesstützpunkttrainer und persönlichen Coaches der Schwimmer bekommen mehr Verantwortung. Ihre Aufgabe ist alles andere als leicht. Zwar machten die Europameisterschaften im vergangenen Sommer mit zweimal Gold, zweimal Silber und viermal Bronze ein wenig Hoffnung, doch zur absoluten Weltspitze und damit zu olympischem Edelmetall fehlt noch ein gutes Stück.

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