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Statistisches Bundesamt
Todesfallzahlen 2020 verlaufen parallel zu Corona-Wellen

Krematorium
«Corona positiv» steht auf einem Sarg mit einem Verstorbenen, der an oder mit dem Coronavirus gestorben ist. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa
Führt die Pandemie zu einer Übersterblichkeit? Mit Blick auf die Jahreskurve ist das nicht mehr wegzudiskutieren. Vielleicht ist das sogar die verlässlichste Zahl von allen, sagen Statistik-Experten: «Ob jemand tot ist oder nicht ist ja recht eindeutig.»

Wiesbaden (dpa) - Das Auf und Ab der Todesfälle 2020 verläuft weitgehend parallel zur Zahl der Covid-Infizierten - das zeigt die Sterbefall-Statistik für das Corona-Jahr.

Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle im Dezember sind nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes in Deutschland 29 Prozent mehr Menschen gestorben als im Durchschnitt der vier Vorjahre. Bereits im November lagen die Sterbefallzahlen 12 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, wie das Amt in Wiesbaden berichtete.

«Der Jahresverlauf der Sterbefallzahlen war im Jahr 2020 durch verschiedene Sonderentwicklungen geprägt», heißt es in der Jahresbilanz. In der Grippezeit stiegen die Sterbefallzahlen nicht so stark wie üblich. Im April lag die Zahl der Gestorbenen 10 Prozent über dem Durchschnitt der Vorjahre - bei gleichzeitigem Anstieg der Covid-19-Todesfälle.

«Als diese zurückgingen, bewegten sich ab Mai auch die Sterbefallzahlen etwa auf dem durchschnittlichen Niveau der Vorjahre», berichteten die Statistiker. Im August stieg die Zahl der Todesfälle vorübergehend wieder an. «Dieser Effekt tritt im Sommer häufig auf und ging auch in diesem Jahr offenbar auf eine Hitzeperiode zurück.» Ab Mitte Oktober starben wieder deutlich mehr Menschen als in den Vorjahren - erneut parallel zu den laborbestätigten Covid-19-Fällen.

Womöglich sagen die Todesfallzahlen sogar mehr über die Pandemie aus als viele andere Zahlen, glaubt Tim Friede, Leiter des Instituts für Medizinische Statistik der Universitätsmedizin Göttingen. «Ob jemand tot ist oder nicht ist ja recht eindeutig. Die Diskussionen gehen ja erst los, wenn man fragt: woran ist die Person gestorben.»

Die sogenannte Gesamtmortalität - also die Zahl der insgesamt Gestorbenen - sei 2020 nicht nur deutlich höher als in den Vorjahren. «Das läuft auch parallel mit den gemeldeten Covid-19-Fällen. Von einem ursächlichen Zusammenhang ist also auszugehen», sagt Friede. In der ersten Welle sei der Zusammenhang nicht so stark ausgeprägt gewesen, in der zweiten sei er «nicht mehr wegzudiskutieren».

«Die gestiegenen Sterbefallzahlen im Jahr 2020 sind größtenteils auf eine Zunahme von Sterbefällen in der Altersgruppe der ab 80-Jährigen zurückzuführen», ordnet das Bundesamt ein. «Die Sterbefallzahlen der unter 80-Jährigen liegen etwa auf dem Vorjahresniveau.»

Besonders auffällig ist die Entwicklung während der zweiten Corona-Welle in Sachsen. Im November waren die Sterbefallzahlen um 39 Prozent erhöht. Im Dezember hat sich die Zahl der Todesfälle mehr als verdoppelt, wie das Amt berichtete.

Wie ist das zu erklären? Die Covid-19 Data Analysis Group (Codag) aus München ist der Frage nachgegangen. «Etwa die Hälfte der zur Zeit beobachteten Übersterblichkeit in Sachsen kann nicht direkt mit einer registrierten Covid-19-Erkrankung in Verbindung gebracht werden», heißt es in einem Codag-Bericht von Anfang Januar. «Dieses Ergebnis überrascht und verlangt nach weiteren differenzierteren Analysen ​von Seiten der statistischen Landesbehörden», schreiben die Autoren.

Was vor allem geklärt werden müsse, sei die Dunkelziffer. «Wie viele Covid-19 Infektionen bleiben unentdeckt, weil die Infizierten keine Symptome zeigen oder aus anderem Grund nicht getestet werden? Nur wenn man die Dunkelziffer kennt, kann man valide die Anzahl der aktuell Infizierten bestimmen.» Helfen könnten Antikörperstudien oder Massentests der Bevölkerung.

© dpa-infocom, dpa:210129-99-222964/3

Papier Datenauswertung Uni München

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Mitteilung Destatis