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In unwirtschaftlichen Regionen
Union und SPD: Der Bund soll eigene Mobilfunkmasten bauen

Mobilfunkmast
«Wir schaffen eine neue Mobilfunk-Infrastrukturgesellschaft des Bundes für den Bau von Mobilfunkmasten in unversorgten Regionen», heißt es in in einem Papier der Spitzen der Fraktionen von Union und SPD. Foto: Jens Büttner
Handynutzer kämpfen in großen Teilen Deutschlands immer noch mit Funklöchern. Der Bund soll helfen, weiße Flecken zu beseitigen. Ob die Mobilfunkanbieter mit den Plänen einverstanden sind?

Berlin (dpa) - Die Mobilfunkversorgung in Deutschland soll lückenlos werden - ein entsprechendes Konzept haben die Spitzen der Koalitionsfraktionen einstimmig beschlossen.

«Wir schaffen eine neue Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes für den Bau von Mobilfunkmasten in unversorgten Regionen», heißt es in Berlin in einem Papier der Spitzen der Fraktionen von Union und SPD.

In Zukunft solle der Bund mit der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft - kurz MIG - dort eingreifen, wo der wirtschaftliche Ausbau nicht funktioniere und weiterhin weiße Flecken bestünden, hieß es in dem Papier. Gleichzeitig wolle man den Sprung zum nächsten Mobilfunkstandard 5G schaffen und die Rahmenbedingungen setzen, um Leitmarkt für entsprechende Anwendungen zu werden.

Der Bund soll über die MIG den Bau von eigenen Mobilfunkmasten in Auftrag geben können - und zwar auf bundeseigenem Gelände. Damit sollen wohl auch langwierige Genehmigungsverfahren vermieden werden. Das Verkehrsministerium werde beauftragt, ein Kataster über solche bundeseigenen Grundstücke anzulegen und ein Gesamtkonzept zu erstellen, heißt es. Geplant ist, dass in einem ersten Schritt im Haushaltsgesetz für 2020 Mittel für den Bau der ersten Masten zur Verfügung gestellt werden. Der Bund soll demnach beim Ausbau intensiv mit den Ländern und den Kommunen vor Ort kooperieren.

Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) lobt die geplante Zusammenarbeit mit den Kommunen. Sie sei notwendig, um möglichst schnell Funkmasten in unterversorgten Gebieten aufzustellen. «Schließlich bauen Stadtwerke bereits heute auch im ländlichen Raum Glasfasernetze - also die notwendigen Anschlüsse für Mobilfunkantennen - aus.»

Den Mobilfunkgesellschaften soll ein hohes Bußgeld drohen, wenn sie Versorgungsauflagen nicht erfüllen würden, hieß es weiter. Die Betreiber sollten zudem zur Transparenz ihres Angebots verpflichtet werden. Die Bundesregierung wird demnach aufgefordert, verpflichtend sicherzustellen, dass die Mobilfunkanbieter die im Auftrag des Bundes errichtete Infrastruktur auch anschließen. Dazu soll es Kooperationsverträge oder einen rechtssicher ausgestalteten Anschluss- und Benutzungszwang geben. Ob und was die privaten Anbieter für die Nutzung der bundeseigenen Infrastruktur zahlen müssen, ist nach diesen Informationen noch offen.

Vodafone und Telekom halten sich mit einer klaren Bewertung der Pläne zunächst zurück. Vodafone teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, das Unternehmen werde sich die Vorschläge der Politik ansehen und dann dazu in konstruktive Gespräche eintreten, um sie abschließend bewerten zu können. Auch nach Einschätzung eines Telekom-Sprechers sind noch viele Fragen offen: «Entscheidend wird sein, ob eine staatliche Infrastrukturgesellschaft in der Lage ist, tatsächlich besser, schneller und effektiver als andere Ausbau-Alternativen mit staatlicher Förderung, bisher unversorgte Gebiete zu versorgen.»

Strittig war bis zuletzt gewesen, in welcher Trägerschaft die Gesellschaft liegen sollte. So hieß es, CSU und SPD hätten sich recht schnell darauf verständigt, dass der Staat die Zuständigkeit für den Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur übernehmen sollte. Demnach habe hier vor allem der Wirtschaftsflügel der CDU Bedenken gehabt.

Die Mobilfunkbetreiber hatten zugesagt, bis Ende 2020 insgesamt 99 Prozent der Haushalte zu versorgen. Dennoch gebe es nach wie vor weiße Flecken, in denen es keine Mobilfunkversorgung gebe, kritisieren die Spitzen von Unions- und SPD-Fraktion. «Das wollen wir ändern, denn Funklöcher passen nicht zu unserem Anspruch als eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt», heißt es im Papier weiter.

Der Bund will nach den Plänen der Spitzen der Koalitionsfraktionen erstmals bis Anfang 2020 eine Zustandsanalyse der Mobilfunknetze in Deutschland veröffentlichen. Sie soll auch zeigen, wo es weiße Flecken gibt. Die Daten sollen in Form von Karten im Internet veröffentlicht werden. So soll sich der Verbraucher vor der Wahl seines Netzbetreibers informieren können, welche Qualität die einzelnen Netze in seiner Region haben. Zudem verlangen die Fraktionsspitzen, dass die Netzbetreiber verpflichtet werden können, ihre Kunden beim Vertragsabschluss über die konkrete Netzabdeckung zu informieren.

Die Fraktionsspitzen wollen zudem erreichen, dass der Einsatz des Bundes möglichst präzise gestaltet werden könne. Dazu sollen die Netzbetreiber dem Bund ihre Planungen für den in den nächsten 12 bis 24 Monaten geplanten Netzausbau zur Verfügung stellen. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Unternehmen sollen gewahrt bleiben. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Betreiber unter anderem zu lokalem Roaming zu verpflichten - also zur automatischen Verbindung mit einem anderen Netz. Damit solle langfristig auch die Versorgungssituation in den Gegenden mit sogenannten grauen Flecken verbessert werden, in denen bisher nur ein Netz zur Verfügung steht.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: «In Regionen, wo die Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen keine Mobilfunkmasten aufstellen, werden wir mit einer bundeseigenen Gesellschaft die notwendige Infrastruktur errichten.» Der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte, in Deutschland dürfe es keinen Bruch geben «zwischen vielleicht gut entwickelten Regionen auf der einen Seite und weniger gut entwickelten Regionen, was die Mobilfunkabdeckung betrifft». «Wir können uns eben nicht alleine auf den Markt verlassen.» Der Staat müsse eingreifen, wenn es zu Lücken bei der Abdeckung komme.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte, mit dem geplanten ultraschnellen 5G-Standard im Mobilfunk sei man nicht am Ende, sondern erst am Anfang eines Prozesses. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, dass der Bund selbst wieder im Mobilfunkbereich tätig werde, sei eine Neuerung. Man wolle dafür sorgen, dass ländliche Gebiete nicht dauerhaft von der Entwicklung abgehängt würden.

Als «die neuste Schnapsidee der GroKo» bezeichnete hingegen Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer die Pläne. In den meisten Nachbarländern Deutschlands gebe es ein gutes Mobilfunknetz, das von Firmen ohne staatliche Infrastrukturgesellschaft aufgebaut worden sei. «Das Problem in Deutschland liegt in der teuren Ersteigerung der Funklizenzen.»