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Spitzenrunde der Koalition
Union und SPD zeigen Kompromissbereitschaft bei Grundrente

Streit um Grundrente
Eine Rentnerin hält einen Geldbeutel mit verschiedenen Euromünzen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Klappt es diesmal? Die große Koalition streitet schon seit Monaten über die geplante Grundrente. Nun unternimmt eine Spitzenrunde im Kanzleramt einen neuen Anlauf für eine Einigung.

Berlin (dpa) - Vor der möglicherweise entscheidenden Koalitionsrunde zur Grundrente haben Union und SPD Kompromissbereitschaft gezeigt.

Umstritten zwischen ihnen ist vor allem noch die Frage, ob die Leistung an eine Bedürftigkeitsprüfung geknüpft werden soll. «Eine Einkommensprüfung im Sinne eines Freibetrages (...) könnte in Sachen Zielgenauigkeit ein guter Kompromiss sein», sagte nun die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Details nannte sie nicht.

«Für uns ist wichtig, die Leistungen auf die zu konzentrieren, die sie brauchen. Dazu muss der Zugang zur Grundrente, also die Frage, wer sie erhalten soll, geklärt werden, indem der Bedarf festgestellt wird», sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer der Zeitung. Sinnvoll und notwendig seien auch Maßnahmen zur Stärkung der betrieblichen und privaten Vorsorge, «damit wir schon heute dafür sorgen können, dass Altersarmut für die Zukunft gar nicht erst entsteht», ergänzte sie. «Ein Gesamtpaket, das diesen Kriterien gerecht wird, ist vertretbar.»

An diesem Sonntag will sich eine Spitzenrunde der Koalition bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) treffen und versuchen, eine Lösung im Streit um die Grundrente zu erreichen.

Laut Koalitionsvertrag sollen Menschen, die lange gearbeitet haben, einen Zuschlag erhalten, so dass ihre Rente zehn Prozent über der Grundsicherung liegt. Im Koalitionsvertrag steht aber auch, dass vorher überprüft werden soll, ob die Betroffenen bedürftig sind. Darauf pocht die Union im Gegensatz zur SPD. Zuletzt war durchgesickert, dass zwar auf das Streitwort «Bedürftigkeitsprüfung» verzichtet, aber «das zu versteuernde Einkommen» der Betroffenen für die Berechnung der Grundrente überprüft werden könnte.

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck plädierte für eine beschränkte Bedürftigkeitsprüfung. «Sie sollen die Einkommensverhältnisse, wenn sie in einer Partnerschaft leben, kurz anzeigen, aber nicht die Vermögensverhältnisse aufdecken», sagte er im Deutschlandfunk. Ein solcher Kompromiss deute sich in der großen Koalition ja auch an.

«Wenn man hohe Einkommen hat, im Alter laufende Einkommen hat, dann macht es keinen Sinn, dann darauf noch Grundrente zu bezahlen», erklärte Habeck. Eine strenge Bedürftigkeitsprüfung anhand der gesamten Vermögensverhältnisse lehnte er aber ab: «Dieses Sich-nackig-machen vor Sozialämtern ist einfach unattraktiv.»

Die FDP rief die Koalition zu einem Neustart auf. «Union und SPD sollten jetzt von diesem toten Pferd absteigen und ein neues, zielgenaues und durchfinanziertes Konzept mit Bedürftigkeitsprüfung gegen Altersarmut entwickeln», sagte der rentenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, der Deutschen Presse-Agentur. «Union und SPD müssen sich auf das Ziel besinnen: Wir haben ein Problem mit Altersarmut, das gelöst werden muss.»

Vogel verwies auf das von seiner Fraktion vorgelegte Konzept einer Basis-Rente: «Kern ist, 20 Prozent der Rentenansprüche in der Grundsicherung im Alter von der Anrechnung freizustellen.» Zudem wolle die FDP das Beantragen und Auszahlen unter dem Dach der Rentenversicherung zusammenführen, damit der Gang zum Sozialamt entfalle. «Das wäre ein echter Beitrag zur Bekämpfung von Altersarmut.»

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch forderte die Bundeskanzlerin auf, die Frage zur Chefsache zu machen. «Ich erwarte, dass die Kanzlerin dieses Chaos mit ihrer Richtlinienkompetenz beendet», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Es kann nicht sein, dass der Koalitionsvertrag in einem so zentralen Punkt so lange nicht umgesetzt wird.»

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall warnte vor unnötigen Kosten durch die geplante Grundrente. «Bei sämtlichen Sozialleistungen vom Bafög bis zum Wohngeld ist es selbstverständlich, dass sie nur gezahlt werden, wenn sie notwendig sind», sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Zander der dpa in Berlin. «Jedes Abweichen von der im Koalitionsvertrag verankerten Bedürftigkeitsprüfung führt zu mehr Ungerechtigkeiten, zu Geldverschwendung und zu weniger Vertrauen in den Sozialstaat.»