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Militärischer Abschirmdienst
Wehrbeauftragter will Bericht zu Extremismus in der Truppe

Wehrbeauftragter Bartels
Wehrbeauftragter Bartels: «Der MAD sollte selbst über seine Tätigkeit berichten.». Foto: Jörg Carstensen/dpa
Reichsbürger oder rechte Netzwerke in der Bundeswehr? Der Militärgeheimdienst wird derzeit zur Abwehr von Extremisten neu aufgestellt. Der Wehrbeauftragte fordert eine regelmäßige und öffentliche Unterrichtung.

Berlin (dpa) - Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, hat einen jährlichen Bericht des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) zu Extremismus in den Streitkräften gefordert.

«Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst sollte einmal im Jahr einen Tätigkeitsbericht mit seinen Erkenntnissen und Zahlen vorlegen», sagte Bartels der Deutschen Presse-Agentur. Vorbild seien Jahresberichte der Verfassungsschutzämter. Rechtsextremismus-Vorwürfe gegen Soldaten hatten mehrfach Schlagzeilen gemacht.

Der MAD mit seinen zuletzt rund 1200 Mitarbeitern wächst nach Plänen des Verteidigungsministeriums derzeit mit Hunderten neuer Dienstposten und einer Strukturreform auf. Im Herbst hatte Burkhard Even, vorher Leiter der Spionageabwehr beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), sein Amt als ziviler und nunmehr zweiter Vizepräsident des MAD angetreten.

Das Parlamentarische Kontrollgremium arbeitet seit Monaten an einem Bericht zu Erkenntnissen über mögliche rechte Netzwerke mit Bezügen zur Bundeswehr. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erklärte mehrfach, jedem extremistischen Verdachtsfall werde konsequent nachgegangen. MAD-Präsident Christof Gramm hatte Ende Oktober bei einer Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums gesagt, der MAD bearbeite aktuell rund 500 Verdachtsfälle im Bereich Rechtsextremismus.

«Der MAD ist neuerdings eine Bundesoberbehörde wie das Bundesamt für Verfassungsschutz. Er sollte selbst über seine Tätigkeit berichten», sagte Bartels. «Es scheint mir ein bisschen ungewöhnlich, dass bisher die einzige seriöse Datenquelle für Zahlen zum Beispiel zum Phänomenbereich Rechtsextremismus in der Bundeswehr der Jahresbericht des Wehrbeauftragten ist.»

Mehrfach war die Bundeswehr-Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) in die Schlagzeilen geraten. So wurde zuletzt wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Umtriebe gegen einen KSK-Unteroffizier ermittelt. Der MAD verdächtige den Unteroffizier in der Feldwebellaufbahn dringend, ein Rechtsextremist zu sein, schrieb die «Bild am Sonntag».

Dem Bericht zufolge hatte der MAD zudem zwei Stabsoffiziere wegen Verdachts auf Rechtsextremismus im Visier. Sie hatten nach Informationen der Zeitung auf einer privaten Feier des Unteroffiziers den Hitlergruß gezeigt. Einer der beiden sei vor ein paar Wochen suspendiert worden, der andere gelte beim MAD als «Verdachtsfall».

Der MAD ist der kleinste deutsche Geheimdienst. Zu seinen Aufgaben gehören die Abwehr von Spionage und Sabotage in der Bundeswehr sowie die Überprüfung von Soldaten und Behördenmitarbeitern auf Extremismus. Der MAD berichtet an die zuständigen Stellen und ist nicht selbst für Entlassungen zuständig.

«Ich habe keine eigenen Anhaltspunkte für rechtsextreme Netzwerke im Militär, aber ich wäre da auch die falsche Adresse», sagte Bartels. «Das Amt des Wehrbeauftragten ist kein Nachrichtendienst, es gibt einen eigenen Bundeswehrnachrichtendienst dafür. Das ist der MAD.» Aus dem Meldeaufkommen in der Bundeswehr sehe man, dass niemand sich sicher sein könne, dass er mit antisemitischen, rassistischen oder Nazi-Sprüchen nicht doch gemeldet werde. «Wegschauen und weghören wäre falsch verstandene Kameradschaft», sagte er.

«Sollte es im KSK so sein, dass es da überproportional viele Fälle gibt, könnte ich mir eine soziologische Erklärung dafür vorstellen und wäre froh, wenn die zuständigen Vorgesetzten sich das auch vorstellen könnten», sagte Bartels. «Nämlich: Wenn man Leute über ein extrem hartes Auswahlverfahren ins Kommando holt und ihnen sagt, ihr werdet jetzt zu den Härtesten der Harten ausgebildet, muss man sich nicht wundern, wenn dann Einzelne glauben, dass sie sich auch im politischen Bereich das scheinbar Härteste, was sich vorstellen lässt, zu eigen machen müssen. Wohlgemerkt: Einzelne. Aber die Gefahr sollte man sehen.»

Zum harten Training und Einsatz gehöre parallel auch eine angemessene ethische und politische Bildung, so der Wehrbeauftragte weiter. «Darauf haben die Soldaten Anspruch, und dass dann dafür keine Zeit mehr sein soll, kann nicht angehen.»

Die Forderung nach einem öffentlichen MAD-Jahresbericht sei richtig, teilte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae am Donnerstag mit. «Zudem ist es wichtig, dass wir für den Kampf gegen Extremismus eine belastbare Datengrundlage haben, bei den Streitkräften fehlt diese bislang», erklärte er.